Ein Dialog aus Geometrie und Natur: Die britische Künstlerin Rachel Garrard schafft aus natürlichen Materialien temporäre Installationen, die sowohl Naturphänomene als auch die Ästhetik der Wissenschaft aufgreifen.
Naturkunst: von der Metamorphose zurück zum Ursprung
Ein verlassener Strand wird zum Ort eines neuen Kunstwerks, bestehend aus Formen und Symbolen. In Sand gravierte Linien und mit Wasser erbaute Erhebungen bilden geometrische Muster. In Kombination mit Elementen aus Ton und auf Reisen gesammelten Fundstücken wie Steinen, Hölzern und Kokosnüssen gewinnt die Natur-Installation an weiteren Dimensionen. Jede Form und jedes Symbol im Kunstwerk funktionieren als eigenes Element, dennoch stehen sie wie in einem Diagramm in Bezug zueinander.
Dieses Werk ist Teil von Garrards fortlaufender Installationsserie „Collective Memories“, die nur auf Fotos und in Erinnerungen festgehalten werden kann. Sowohl der gewählte Ort als auch die Bildkompositionen reihen sich im natürlichen Kreislauf ein und folgen der Vergänglichkeit. Nahe am Meer kann jede Welle die Kunstwerke „zerstören“. Für Rachel sind natürliche Begebenheiten wie das Meer Teil der temporären Installationen. „Die Natur, die Zeit und der Zufall arbeiten mit mir zusammen. Das erlaubt mir, die fließende und sich wandelnde Natur darzustellen“, so beschreibt Garrard „Collective Memories“ auf ihrer Website. Weiter sagt sie: „Die Vergänglichkeit ist ein Teil von allem, was lebt.“ Es ist nur eine Frage der Zeit, bis solche Installationen den verschiedenen Stadien der Vergänglichkeit weicht. Und genau darauf zielt die Britin in ihrem künstlerischen Prozess ab.
Die Kraft von vergänglicher Kunst
Der Gedanke der „Vergänglichkeit“ soll Anreiz sein, die kleinen Dinge wahrzunehmen und sich ihnen eine Weile hinzugeben. Sie mit kindlicher Neugierde zu entdecken und beim Betrachten Entschleunigung zu erfahren. Ihre Kunst ist ein Hinweis, in unserer schnelllebigen Gesellschaft genauer hinzuschauen und in jeglichen Naturphänomenen die Schönheit zu erkennen. Denn ebenso wie „Collective Memories“ ist auch die Natur vergänglich – insbesondere, wenn sich unser Handeln nicht nachhaltig wandelt. Die britische Künstlerin ist überzeugt, dass Kunst unser Bewusstsein und die Art zu leben beeinflussen kann. In einem Interview mit dem Kunstmagazin Tique sagt Garrard: „Kunst ist in dieser Zeit der Umweltkrise ein wichtiges soziales Medium geworden. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass Kunst mächtig ist, weil sie die Fähigkeit hat, mit unserem Unbewussten zu kommunizieren und eine Veränderung des Bewusstseins zu bewirken.“ Mit ihrer vergänglichen Kunst setzt sie ein Zeichen, im Moment innezuhalten und dem Bewusstsein Raum zu geben.
Wie Giacometti zur Inspiration wurde
Schon in ihrer Kindheit schenkte Rachel der Natur viel Beachtung und Zeit. Nach ihrem Bachelor und Master of Arts am Central Saint Martins in London zog sie es nach New York und Mexiko. Doch bereits vor ihrem Studium entdeckte sie ihre Leidenschaft für Kunst. Ihre erste Erinnerung an die Kunst entstand in der Tate Modern, Teil eines Galerie-Netzwerkes im Vereinigten Königreich. „Ich war völlig fasziniert von Giacomettis lang gestreckten Bronzefiguren und verbrachte viel Zeit mit ihnen, betrachtete sie aus der Nähe und aus der Ferne“, so Rachel auf ihrer Website. Weiter erklärt sie: „Ich mag Kunst, die mich bewegt, die mich somatisch etwas fühlen oder mich die Welt anders sehen lässt.“ Die Figuren von Giacometti prägten Rachel auf ihrem Weg zur Künstlerin: Ihre vergängliche Naturkunst sorgt ebenfalls für eine erfrischende Perspektive auf die Welt.
Die Gesetze der Physik werden zum Kunstwerk
Kunst ist vielseitig, subjektiv und kann ihn jeglichen Bereichen des Lebens enthalten sein. Für Garrard ist die Physik und Mathematik weniger wegen ihres wissenschaftlichen Kerns interessant, sondern wegen der Ästhetik. Das wird auch in ihren Kunstwerken erkenntlich, die vor allem von abstrakten, geometrischen Formen dominiert werden. Eines ihrer Werke befasst sich speziell mit dem physikalischen Ansatz der elf Dimensionen. „In Anbetracht von Aussagen unter anderem der Quantenphysik, wonach es elf Dimensionen des Raums gibt, begann ich, ein Konzept und eine Form für jede dieser elf Dimensionen zu entwerfen“, erläutert die Künstlerin auf ihrer Website ihre Inspirationsquelle. Die schweren Skulpturen aus Metall und Gussbeton stehen inmitten der Natur an einem schwarzen Strand und repräsentieren die Idee, dass keine feste Realität existiert. Neben ihres Standortes besitzen die skulpturalen Formen eine weitere natürliche Komponente: Sie alle wurden mit dem schwarzen Sand des Strandes, auf dem sie stehen, pigmentiert.
3 Künstler, die sich der Vergänglichkeit widmen
Künstler 1 – Andy Goldsworthy
Dieser Künstler wurde 1956 in England geboren und gehört bereits seit Jahren zu den renommiertesten Gestaltern der Naturkunst. Zentrales Thema seiner meisten Werke ist die Vergänglichkeit. Seine Arbeiten bestehen aus Naturmaterialien, die er am Ort der Installation findet – wie beispielsweise Steine, Blüten oder Holz.
Künstler 2 – Martin Hill
Der Naturkünstler aus Neuseeland ist bekannt für seine runden Konstruktionen, die wie die Sonne am Tagesende scheinbar im Meer untergehen. Durch die Spiegelung wirken die Skulpturen ringförmig und lösen bei den meisten Betrachtern ein Gefühl der Begeisterung aus. Ein Anblick, der aus der Gegenwart in die Erinnerung übertragen und durch Reflexion oftmals verstärkt wird. Dieser Verarbeitungsprozess unseres Körpers prägt die vergängliche Kunst essenziell.
Künstler 3 – James Brunt
Der englische Künstler verschönert mit seinen Land-art-Werken seine Heimat Yorkshire. Aus natürlichen Objekten wie Steinen, Blättern, Blumen und Muscheln zaubert er Mandalas. Damit nicht nur die Einwohner und Besucher von Yorkshire die Naturkunst zu Gesicht bekommen, teilt Brunt seine Werke auf Social Media.
Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet.