Ihre Herkunft beeinflusst alles, was sie kreiert: Künstlerin Delvene Cockatoo-Collins gehört zum Volk der Quandamooka und lässt sich bei ihrer nachhaltigen Kunst von ihren indigenen Wurzeln und der australischen Natur inspirieren. Ein Atelierbesuch auf North Stradbroke Island.
Die Natur ihrer Heimat wird zur Quelle der Inspiration
Sanft fällt das Morgenlicht auf Delvene Cockatoo-Collins, als die Künstlerin durch den Mangrovenwald von Myora Springs auf North Stradbroke Island, Queensland, streift – auf der Suche nach Inspiration für ihre nachhaltigen Kunst-Stücke: bedruckte Textilien, Keramiken, Kunstwerke. Sie hält kurz inne, begrüßt einen schlafenden Koala, der hoch über ihrem Kopf in den Ästen sitzt. Als gebürtige Quandamooka, eines indigenen Volkes Australiens, hatte sie schon immer eine tiefe, achtsame Verbindung zur Natur und ihrem Land – von ihrem Minjerribah genannt.
Die Entschleunigung durch die Zeit der Pandemie hat ihr ermöglicht, ihre Heimat noch einmal neu zu entdecken und auf Dinge zu achten, die ihr bislang entgangen waren. „Ich passe meine Spaziergänge meinen Aktivitäten an, den Jahreszeiten und Gezeiten“, sagt Delvene. September und Oktober seien die beste Zeit, um im Busch nach Wildblumen zu suchen, bei Flut sind einige Strände gute Quellen und bei Ebbe kann man das Watt erkunden, eine wahre Fundgrube für Muscheln. „Jede dieser natürlichen Umgebungen hat ihre eigene Energie und Persönlichkeit.“
Von der australischen Natur: Farben stehen für Landstriche und repräsentieren ihre Herkunft
Diese versucht sie in ihrer Kunst einzufangen und weiterzugeben. Delvene hat in Goompi-Dunwich auf North Stradbroke Island ein Atelier und einen Laden (cockatoocollins.com), Minjerribah Art Studio and Cottage, in dem sie handbedruckte Leinentextilien, mit zarten Farnblättern verzierte Keramiken, spitzenbesetzte Matten und skulpturale Wandbehänge verkauft, die sie mit traditionellen, vom weiblichen Teil ihrer Familie überlieferten Techniken herstellt. Sie bevorzugt eine von der Umwelt inspirierte Farbpalette aus Rosa-, Gelb- und Brauntönen. Auch die Wildblumen, Wale, Beeren und Muscheln, die in North Stradbroke heimisch sind, spielen in ihren Drucken eine wichtige Rolle. Mit ihrer naturverbundenen Kunst erforscht sie die Geschichte ihres Volkes und verleiht dieser darin Ausdruck: „Dass ich ein Leben als Künstlerin führen kann, verdanke ich den Techniken, die unser Volk erhalten hat, und meiner engen Verbindung zu dieser Insel.“
Delvene verbrachte die ersten Jahre ihrer Kindheit auf North Stradbroke Island, bis sie im Teenageralter wegen des Jobs des Vaters wegziehen musste. Das Haus auf der Insel behielten sie trotzdem. Ihre Mutter wollte, dass die Familie mit der Insel verbunden bleibt. So kehrten sie immer wieder zurück, für Feiern und um Freunde zu besuchen. Irgendwann war klar: Delvenes Kinder sollen dort aufwachsen, und so zog sie mit ihnen und ihrem Mann Che zurück auf die naturbelassene Insel. „Da wir eine so kleine Gemeinschaft sind, passen die Leute gegenseitig auf ihre Kinder auf, und das ist es, was ich an diesem Ort liebe“, sagt Delvene. Bindungsorientierte Erziehung nennt das die Wissenschaft heute – ihr Ursprung liegt in den Naturvölkern und folgt dem Grundsatz „Du brauchst ein Dorf, um ein Kind groß zu ziehen“. Delvenes Erstgeborener, Sachem, 21, ist als Musiker in die kreativen Fußstapfen seiner Mutter getreten und hilft ihr zusätzlich bei der Herstellung ihrer Drucke.
Die Geschichte ihrer indigenen Herkunft fließt in ihre naturverbundenen Stoffdrucke mit ein
Neben bedruckten Haushaltswaren entwirft Delvene auch Objekte und Kunst im öffentlichen Raum. Eine ihrer Ausstellungen hat die Geschichte der Meerjungfrau zum Thema. Sie wurde als sanft, aber radikal beschrieben. „Das zeigt, dass die Historie unseres Volkes hier unterbrochen wurde – und ich will das große Ganze dahinter verstehen“, sagt sie. „Wie ergibt diese Geschichte Sinn? Das versuche ich aufzudecken. Der Grund, warum uns ein Teil unserer Biografie fehlt, ist sicher, weil wir einst gezwungen wurden, unser Land zu verlassen und in die Mission zu ziehen. Man verbot uns, unsere Sprache zu sprechen. So stellt sich mir die Frage: Was ist geblieben? Wie kann ich dem einen Sinn geben, wie bringe ich das alles zusammen?“
Das Land selbst ist Teil ihrer Arbeit. Ihre Pigmente stellt sie aus Ocker her, den sie im Quandamooka-Land gesammelt hat. „Ich bin dort überall herumgefahren, hinauf nach Moreton Island, hinüber zu Wellington Point, South Stradbroke, um all die verschiedenen Natur-Farben zu sammeln und zu zeigen: ‚Das ist unser Land. Hier gehören unsere Leute hin'“, sagt sie. „Wenn man die Farben als eine Art Landkarte betrachtet, dann stammt das wirklich schöne staubige Rosa von Canaipa oder Russell Island, das Rot von Goochie Mudlo, das Braun und Weiß vom Mooloomba Point Lookout. Diese Sammlung hat es mir ermöglicht, viel anderes zu gestalten, wie das öffentliche Kunstwerk am Point Lookout.“
Der Buckelwal als Motiv kommt in ihrer Kunst häufig vor, und North Stradbroke Island sei der beste Ort an der Ostküste Australiens, um Wale zu beobachten, sagt Delvene. Ihr Vorbeiziehen bringe die Menschen zusammen. Sie versammelten sich dort, um die majestätischen Kreaturen zu beobachten. „Der Lebensstil auf der Insel hier selbst bringt einen dazu, zur Künstlerin zu werden“, erklärt sie. „Man ist die ganze Zeit von dieser starken Kultur, unserer Geschichte umgeben. Meine Großmutter beispielsweise hat gehäkelt und mich immer zum Blumenkaufen mitgenommen – einige dieser Blumen sind heute in meine Arbeit eingeflossen. Es ist alles da. Wir haben einfach solch ein Glück.“
Du willst selbst mit Naturfarben kreativ sein? 3 Tipps für nachhaltige Kunst
Tipp 1 – Stoffe färben mit Pflanzenfarben
Statt flüssiger oder pulveriger Pigmente aus dem Drogeriemarkt kannst du pflanzlichen Farbstoff aus natürlichem Material einfach selbst herstellen: Dazu brauchst du, neben dem Baumwollstoff, Pflanzenmaterial, vier Esslöffel Alaun und zwei Esslöffel Weinstein sowie einen Topf mit 8 Liter Fassungsvermögen.
Zunächst Stoff vorbereiten: 1 Stunde in kaltem Wasser einweichen. Danach Topf mit Wasser füllen, Stoff hinzugeben, aufkochen, Alaun und Weinstein zugeben. 1 Stunde köcheln lassen. Währenddessen Farbbad vorbereiten: Topf mit Wasser füllen und Pflanzmaterial hinzugeben. Auch das 1 Stunde köcheln, danach durchziehen lassen. Dann absieben und den nassen Stoff in das farbige Wasser geben. Zwei Stunden köcheln lassen, danach vom Herd nehmen und über Nacht im Farbbad ziehen lassen. Lufttrocknen lassen. Fertig.
Was ergibt welche Farbe? Brennnesseln für Grün, Walnuss-Schalen für Brauntöne, Rotkohl für Purpur.
Tipp 2 – wohngesunde Wandfarben
Ob für Schlaf-, Kinder- oder Wohnzimmer: Farben, die keine Giftstoffe ausdünsten, sondern aus pflanzlichen und mineralischen Quellen stammen, sind nicht nur gesünder – sie verbessern auch das Raumklima, weil die Wände atmen können. Diese Farben wirken zudem naturverbunden, sind ästhetisch hochwertig und in mehr als 800 Farbnuancen erhältlich. Am besten achtest du darauf, dass Wandfarben generell frei von Mikroplastik und Lösemittel sind. Auro hat etwa als Ersatz dafür biogene Bindemittel hergestellt. Die damit hergestellten Farben sind kompostierbar.
Tipp 3 – nachhaltige Kunst selber machen
Wer gerne malt oder bastelt, hält sich an Papier, das mit FSC- und/oder dem Blauem Engel zertifiziert ist oder das aus Bambus hergestellt wurde. Alle, die Aquarellfarben aus mineralischen und pflanzlichen Pigmenten suchen, greifen z.B. zu Farben von HI Chromatics aus Hawaii.