Anstelle eines Autos mit dem Schiff von A nach B kommen? Das Start-up UFB revolutioniert maritime Mobilität und damit auch den Stadtverkehr von morgen.
Führt der Weg in eine grüne Zukunft über Wasser?
Es ist ihre Liebe zum Segeln und ein Gespräch mit dem US-Ökonomen Jeffrey Sachs, die sie auf die Idee bringen, maritimen Verkehr neu zu denken. Erfinder- und Gründerpaar von Unleash Future Boats (UFB) Stefanie und Lars Engelhard kehren nach jahrelanger Ingenieurtätigkeit der Automobilindustrie den Rücken und übertragen ihr Einfallsreichtum und Wissen von der Straße aufs Wasser.
Vom Gespräch mit Sachs angefixt, zieht das Paar 2017 von Bayern nach Schleswig-Holstein, um dort nahe dem Gewässer rund drei Jahre später ihr Unternehmen zu gründen. „Statt mit dem Segeln beschäftigten wir uns zunehmend mit der Frage, wie wir die Energie- und Verkehrswende aufs Wasser bringen können“, sagt das Erfinderpaar. Nun fertigt es wie zu Automobilindustrie-Zeiten autonome Fahrzeuge, allerdings heute emissionsfrei und für Wasserstraßen gemacht. Zwei Katamaran-Varianten sollen in Zukunft auf den urbanen Gewässern unterwegs sein – neben dem Containerschiff Cargo One ist es die Personenfähre Future One, die wie ein Uber funktioniert.
Schifffahrt als Uber 2.0
Future One besteht aus einer gläsernen Kabine inmitten von zwei Rümpfen, in der rund 12 Personen Platz finden; auch mit Fahrrad, Rollstuhl oder Kinderwagen. Mit der Personenfähre soll individueller Kurzstrecken-Fährverkehr möglich gemacht werden. Wie bei Uber kann die Fähre über die App gebucht werden, die dann zwar nicht bis vor die Tür, aber zu einer bestimmten Anlegestelle kommt. Noch ist es eine Vision, die allerdings in naher Zukunft Teil des öffentlichen und privaten Nahverkehrsunternehmens sein soll.
Denn im Gegensatz zu der starken Auslastung von städtischen Straßen werden Flüsse und andere urbane Gewässer deutlich weniger genutzt; sprich sie besitzen die Kapazität für urbane Mobilität. Im Interview verrät Stefanie, dass „nur maximal 40 Prozent der Wasserwege ausgelastet“ werden. Mit den UFB-Schiffen soll sich das nun ändern.
Der Antrieb elektrisch, der Hafen digital
Wie das genau funktionieren soll? Autonom, voll elektrisch und digital. Der eigene Antrieb des Paares in Sachen Verkehrswende scheint vielversprechend, der vollelektrische Antrieb von Future One und CO. noch vielversprechender. Betrieben werden die Fahrzeuge aus einer Kombination aus Batterie und mit grünem Wasserstoff gespeisten Brennstoffzellen – alles komplett elektrisch und damit emissionsfrei.
Zentrale Rechner überwachen die Schiffe auf ihren Fahrten, indem sie über Sensoren die aktuelle Wasser-Verkehrslage erfassen, einordnen und auf die eventuellen Störungen reagieren. Ein digitaler Hafen, der mit dem Verzicht auf menschliche Kapitäne auch unrentable Strecken auf dem Wasser ermöglicht. Zudem soll so mehr Sicherheit gegeben sein, denn laut einer Schifffahrtsstudie der Allianz Global Corporate & Specialty von 2022 lassen sich 75 Prozent der weltweiten maritimen Unfälle auf menschliches Versagen zurückführen. Ganz ohne Mensch funktioniert es allerdings nicht: Stefanie und Lars gehen davon aus, dass auf jeden Fall zu Anfang in den digitalen Flottenkontrollzentren die Schiffe zusätzlich von Kapitänen überwacht werden.
Maritime Transformation, die über den Prototyp hinausgeht
Mit ihren Schiffen und dem technischen System inklusive des Motors bringen UFB eine Welle ins Rollen – nicht nur auf dem Wasser selbst. Wissenschaft und Politik ist sehr angetan von dem Projekt, sodass sie staatliche Unterstützung erhalten. Zudem wird UFB mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Vision Award 2022. Neben den eigenen Schiffen bietet sie ihren Antrieb unter dem Namen „Green Boats Engineering“ als Kit zur Nachrüstung anderer Schiffe an – ganz im Sinne der maritimen Verkehrswende.
Getestet wird bereits an dem Versuchskatamaran „Zero One“. Nach zwei Jahren Bau wurde es 2021 getauft und fährt seitdem regelmäßig auf der Schlei, einem Ostseearm in Schleswig. 2027 soll es dann so weit sein: Die UFB-Schiffe fahren in offizieller Mission auf städtischen Wasserstraßen, wenn auch zunächst teilautonom.
Solar-Schiffe – unterwegs mit Sonne, Wind und Wasserstoff
Für eine maritime Verkehrswende könnten auch Schiffe mit Solar-Antrieb sorgen. Das erste Solar-Schiff „MS Tûranor Planet Solar“ machte sich 2010 auf den Weg entlang des Äquators um die Welt. Um auch nachts voranzukommen, wurde die Solarenergie in Lithium-Ionen-Batterien gespeichert, wie man es von herkömmlichen Fotovoltaikanlagen kennt. Wer dahinter steckt? Dr. Gunter Pauli, Designer und Gründer von „The Blue Economy“.
Nun geht es für das Konzept-Katamaran in die zweite Runde, diesmal unter dem Namen „MS Porrima“. Bei der Fahrt des über 30 Meter langen Schiffs werden neue Technologien in Kombination getestet. Neben den Solarpaneelen wird auch Skysails eingesetzt – eine Technologie, die das Boot mithilfe der Windkraft antreibt. Und auch Wasserstoff ist Teil des Antriebs. Bis 2025 soll MS Porrima mithilfe von ausschließlich erneuerbaren Energien die Welt umrunden, mit der Endstation Expo in Osaka, Kansai.
Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet.