Auf der Insel Hormuz vor dem Iran lösen bunte Kuppeln die wirtschaftlichen Probleme der Einheimischen. Das Projekt zeigt, wie Architektur Tourismus und Innovation vereinen kann.
Hormuz, die Regenbogeninsel
Vor der Küste Irans, in der Meerenge des Persischen Golfs, liegt eine Insel, die mit einer seltsamen Schönheit verzaubert: Auf Hormuz ragen weiß gesprenkelte Salzfelsen aus dem Boden, Schichten aus Vulkangestein färben die Berglandschaft in rosa-, grün- und orangetöne, roter Strand trifft auf die Wellen des Persischen Golfs, wo sich rosa Sandwirbel ins Wasser verirren und sich langsam im Ozean auflösen. Rainbow Island wird Hormuz aufgrund seines Farbschauspiels auch passend genannt.
Trotz der atemberaubenden Naturschauspiele haben sich in den letzten Jahren kaum Tourist:innen nach Hormuz verirrt, zu unbekannt war die Insel im Persischen Golf, zu wenige attraktive Unterkünfte und Angebote gab es.
Das iranische Architekturbüro ZAV Architects hat ein Lösung dafür gefunden, besser gesagt, gebaut: Seit 2020 soll die Majara Residence neue Perspektiven für die Menschen auf Hormuz schaffen.
Die Majara Residence ist ein farbenfrohes Feriendorf
Die Majara Residence ist das erste Feriendorf der Insel und soll in Zukunft Tourist:innen nach Hormuz locken. Es ist aus 200 kuppelförmigen Gebäuden in verschiedenen Größen und Farben aufgebaut, die sich auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern unweit des Strandes erstrecken. 130 der Domes werden als Ferienhäuser genutzt, in denen 75 Gäste Platz finden. Der Rest dient als Cafés, Restaurants, Souvenirläden, Vorratsräume für Wasser, Recycling-Gebäude, Informationsbüros, Massageräume, Gebetsräume, oder Wohnhäuser für die Angestellten.
Innen sind die Domes genauso bunt gestaltet wie außen, von der Decke bis über den Fußboden sind die Wände in verschiedenen Farben angestrichen. Einige der Möbel wurden von der in Shiraz ansässigen Marke Neshiman hergestellt, einige von lokalen Handwerkern in Hormuz gefertigt.
Die Farben der Insel haben ZAV Architects in ihrem Designprozess von Anfang an inspiriert: „Man kann der Insel Hormuz die Farbe nicht entziehen – ihre Sandstrände verändern sogar die Farbe des blauen Meeres, und auch für die Menschen sind Farben ein wichtiges Ausdrucksmittel, sei es in ihrer Kleidung, der Inneneinrichtung ihrer Häuser oder sogar in ihrer Nahrung“, sagt das Studio. „Das hat uns den Mut gegeben, die Außen- und Innenbereiche sowie die Landschaft von Majara mit Farbe zu gestalten und dabei mit Perspektiven zu spielen, die von dieser Regenbogeninsel inspiriert sind.“
Die Majara Residence ist aus Sandsäcken und Lehm erbaut
Als Teil der Initiative „Presence in Hormuz“ ist die Majara Residence nur eines von drei Bauwerken, die ZAV Architects auf der Insel errichteten, um Hormuz für den Tourismus attraktiver zu gestalten: 2017 stellten sie ein Kulturzentrum fertig, das Tourist:innen bei ihrer Ankunft empfängt, zudem wurde das Badeban Centre erbaut, ein Schulungszentrum, das Einheimischen Kenntnisse im Gastgewerbe vermittelt.
Die Initiative wurde vom California Institute of Earth Architecture (CalEarth) ins Leben gerufen. Die Non-Profit-Organisation wurde 1991 vom amerikanisch-persischen Architekten Nader Khalili gegründet. Er hat eine spezielle Baumethode erfunden, mit denen auch die Kuppeln der Majara Residence errichtet wurden. Sie trägt den Namen „SuperAdobe“. Die Mission von CalEarth ist es, mithilfe dieser günstigen und umweltfreundlichen Bauweise Wohnmöglichkeiten und Räume für alle Menschen auf der Welt zugänglich zu machen.
Bei SuperAdobe werden Säcke mit Sand gefüllt, übereinandergestapelt, mit Stacheldraht fixiert und dann mit Lehm verputzt. Das hat den Vorteil, dass die Räume natürlich klimatisiert werden, Rohstoffe vor Ort genutzt werden können und die lokale Bevölkerung beim Bau mitwirken kann – denn für die SuperAdobe-Methode braucht es kein besonderes handwerkliches Geschick. „Wir haben 40 zuvor ungelernte Arbeiter aus der Region für das Projekt ausbilden lassen – und sie damit auch befähigt, den gebauten Elementen ihre Handschrift zu verleihen“, so die Architekten von ZAV Architects.
Das Architekturbüro wurde von CalEarth mit der Umsetzung des Projekts beauftragt, bei der Planung der Majara Residence bezog ZAV Architects die lokale Bevölkerung, Investoren und Landbesitzer von Anfang an mit ein. 50 Arbeitsplätze konnten durch das Feriendorf bereits geschaffen werden. Eine offizielle Buchungswebsite gibt es zwar noch nicht, Anfragen werden aber über den Instagram-Account der Majara Residence entgegengenommen.
Architektur, die die Komfortzone verlässt
Majara Residence soll die Insel Hormuz attraktiver für den Tourismus machen, dadurch die Wirtschaft und gleichzeitig aber auch die lokale Community stärken. Denn alle sind eingeladen, sich zwischen den Kuppeln zu treffen, an den öffentlichen Plätzen Ruhe zu finden oder ins Gespräch zu kommen. ZAV Architects hat sich dabei bewusst gegen den Bau mehrstöckiger Hotelanlagen entschieden und stattdessen eine Anlage kreiert, die sich in die Natur der Insel einfügt und Raum für Begegnungen schafft.
„Architektur ist eine Plattform zur Veränderung der Welt und ihre Mission ist es, Innovationen anzustoßen“, lautet ein Statement des Architekturbüros. „Dazu muss Architektur Prozesse designen anstatt Objekte, denn Prozesse können ein Projekt an neue Horizonte heranführen. Deshalb sind wir immer darum bemüht, die Architektur aus ihrer Komfortzone herauszuholen.“ Architektur außerhalb der Komfortzone, das bringt den Kern der Majara Residence auf den Punkt. Passend dazu wurde auch der Namen des ersten Feriendorfs der Insel gewählt: Majara heißt übersetzt Abenteuer.
Katrin hat in Berlin Publizistik studiert und schreibt seit drei Jahren als Redakteurin im Lifestyle-Bereich. Wenn sie nicht gerade die weite Welt bereist, übt Katrin Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder ist auf der Suche nach den neuesten Innovationen und Health-Trends. Deshalb schreibt sie bei kronendach für die Rubriken Travel, Mindfulness und Zeitgeist. Nach Feierabend findet man sie meistens mit einer Matcha Latte in der Hand durch die Straßen Hamburgs spazieren.