Welche Alternativen zur Anreise mit Flugzeug oder privatem Pkw gibt es? Und wie steht es um ihre Umweltbilanz? Welche Ziele kannst du also in Europa erreichen, wenn du auf umweltschädliche Transportmittel verzichtest? Eine ganze Menge. Spoiler: Vor allem Metropolen sind gut angebunden
Die Londonerin Monisha Rajesh wollte die Welt umrunden und wählte dabei einen scheinbar ungewöhnlichen Weg: den Zug. Mit dem Eurostar nach Paris begann ihre mehr als 70.000 Kilometer lange Reise. Auf dem Landweg durch verschiedene Kontinenten unterwegs, lernte die Engländerin nicht nur neue Landschaften kennen. Es waren neben den unterschiedlichen Zugstrecken, den kulturellen Unterschieden im Bahnverkehr vor allem die Menschen, die ihre Reise zum Erlebnis machten.
In ihrem Buch „In 80 Zügen um die Welt“ nimmt Monisha Rajesh uns mit auf das Schienen-Abenteuer. Der Reisebericht wurde sogar zum „National Geographic Traveller Book of the Year“ gewählt.
Das Zugreisen war schon immer Monishas Steckenpferd. Als Journalistin berichtete sie bereits in einer Kolumne im „The Sunday Telegraph“ von ihren Zugreisen. Bereits ihr erstes Buch „Around India in 80 Trains“ begeisterte Leserinnen und Leser aus aller Welt. „The Independent“ wählte das Buch in die Top Ten Bücher über Indien.
Ihr neustes Buch „Zugvögel. Reisen mit der Eisenbahn auf den schönsten Strecken der Welt“ nimmt sie Eisenbahnbegeisterte und Bahnfans mit auf eine Reise durch die Höhepunkte des Zugfahrens. Der Verlag „gestalten“ macht die Essenz des Buchs greifbar: „Zugfahren, das ist die Kunst des Flanierens auf Schienen, des sich gedankenverloren in der Schönheit der vorbeirauschenden Landschaft Verlierens.“ Die Bahn als Sinnbild für Entschleunigung – denn im Zug steht die Zeit gewissermaßen still.
Egal ob Zugneuling oder alter Hase – wer auf den Geschmack einer Zugreise kommen will, der sollte sich Monisha Rajeshs Bücher auf jeden Fall anschauen. Eindrucksvoll schildert sie ihre Erlebnisse und Begegnungen und nimmt uns mit in die faszinierende Welt des Eisenbahnfahrens.
Bist du schon überzeugt? Falls nicht, überzeugen dich unsere Reisetipps für eine klimafreundliche Europa-Reise mit dem Zug oder Fahrrad – oder beidem.
Zugreisen: Klimafreundlich die Metropolen in unseren Nachbarländern entdecken
Zugreisen warten im Vergleich zu Flugreisen mit einer besseren CO2-Bilanz auf. So verursacht ein Kurzstreckenflug von Berlin nach Köln etwa 298 kg CO2 – ein ICE würde auf derselben Strecke auf nur ein Zehntel davonkommen. Seit 2018 fahren zudem alle Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn mit Ökostrom. Im gesamten Bahnnetz sind das rund 60 Prozent, bis 2050 sollen es alle sein. Aktuell sind auf kürzeren Strecken oft noch Dieselzüge im Einsatz, die die Umweltbilanz insgesamt etwas trüben.
Dennoch ist der Zug besonders für europäische Städte-Trips praktisch. Vier bis fünf Stunden Fahrt sind meist gut verkraftbar, wenn man Flugreisen gewohnt ist. Denn schließlich spart man sich die Zeit für An- und Abreise sowie fürs Boarding am Flughafen – es geht direkt von Zentrum zu Zentrum. Einige Denkanstöße:
- Wer nach Italien reisen will, kann z.B. den Brenner-EC nutzen. Von München geht es über den Alpen bis nach Bologna, Rom, Rimini oder sogar Sizilien.
- Schwedenfreunde reisen mit dem Snälltåget ohne Umsteigen von Berlin nach Malmö – für in etwa 45 Euro.
- Auch nicht zu verachten: Der Eurocity nach Tschechien, von Hamburg und Berlin über Dresden nach Prag. Einmal am Tag wird er direkt verlängert bis Ungarn, ein weiteres Mal nach Österreich.
- Für Frankreich-Begeisterte kann sich – neben den Zügen von Köln, München und Frankfurt nach Paris – der TGV von Frankfurt nach Marseille lohnen. Er braucht zwar etwas länger, dafür ist man binnen sieben Stunden an der Mittelmeerküste. Im Sparpreis kostet der Zug rund 60 Euro, wenn du rechtzeitig buchst.
Bonus-Tipp: Wer besonders viele Städte und Länder in kurzer Zeit kennenlernen will, der sollte sich das Interrail-Ticket anschauen. Das Interrail-Ticket gilt nicht nur für ein Land, sondern für alle 33 teilnehmenden Länder. Es gibt verschiedene Preisstufen, je nachdem wie alt du bist und an wie vielen Tagen du unterwegs sein willst.
Das sind die schönsten Bahnstrecken in Europa
Wenn du mit der Bahn unterwegs bist, wird schon der Weg zum Ziel. Denn viele Bahnstrecken führen durch wunderschöne Landschaften – und liegen fast vor deiner Haustür. Steige doch für deine nächste Reise einmal in diese Züge ein:
Strecke 1 – Mit dem Bernina Express durch die Alpen
Der Bernina Express gehört zur Rhätischen Bahn und fährt von Chur, einer kleinen Stadt in der Schweiz, bis nach Tirano in Italien. Die Strecke ist 144 Kilometer lang, dabei fährt der Zug durch 55 Tunnel und überquert 196 Brücken. In rund vier Stunden kannst du das Panorama der Alpen bewundern und fährst an zahlreichen weiteren Sehenswürdigkeiten vorbei. Zum Beispiel am Morteratsch-Gletscher, den drei Seen Lej Pitschen, Lej Nair und Lago Bianco sowie dem Kreisviadukt von Brusio – nicht umsonst gehört die gesamte Strecke zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Ticket von Chur nach Tirano kannst du für rund 60 Euro auf der Website der Rhätischen Bahn kaufen.
Strecke 2 – Mit der Marschbahn von Hamburg-Altona nach Sylt
Eine der schönsten Zugstrecken Europas liegt im Norden Deutschlands. Sie führt von Hamburg in rund drei Stunden auf die Insel Sylt in Schleswig-Holstein. Die Bahnstrecke führt unter anderem an der Küstenstadt Husum vorbei und auf 42 Metern Höhe über den Nord-Ostsee-Kanal. Zwischen den Bahnhöfen Klanxbüll und Morsum wird der Zug über den rund elf Kilometer langen ‚Hindenburgdamm‘ durch das Wattenmeer bis nach Sylt geleitet – du fährst also mitten durch die Nordsee! Ein Ticket kostet von Hamburg aus rund 30 Euro und kann online oder direkt am Bahnhof gekauft werden.
Strecke 3 – Mit Renfe von Barcelona nach Bilbao
Zweimal täglich fährt ein Zug der spanischen Eisenbahngesellschaft Renfe von Barcelona in rund sieben Stunden bis nach Bilbao. Vom Mittelmeer bis an den Atlantik führt die Bahnstrecke vorbei an Weinanbaugebieten, Wüstenlandschaften und Ausläufern der Pyrenäen. Falls du Lust hast, noch einen Abstecher nach Frankreich zu machen, musst du an der Haltestelle Pamplona nur darauf achten, im richtigen Abteil zu sitzen: Dort teilt sich der Zug nämlich: Ein Teil fährt weiter nach Bilbao und der andere nach Frankreich. Die Fahrt von Barcelona nach Bilbao kostet rund 20 Euro.
Strecke 4 – Mit der Bergenbahn von Oslo bis Bergen
Die Bergen-Line ist eine der höchstgelegenen Zugstrecken Europas – am höchsten Punkt liegt sie rund 1.200 Meter über dem Meeresspiegel. Sie führt über 500 Kilometer von Oslo nach Bergen, vorbei an Nationalparks, Skigebieten, Fjorden und Berglandschaften. Dank der atemberaubenden Natur, die sich links und rechts der Gleise ausbreitet, zählt sie zu den landschaftlich schönsten Bahnstrecken Europas. Eine Fahrt kostet rund 100 Euro.
Strecke 5 – Mit der Gebirgsbahn von Bar nach Belgrad
Von Montenegro, durch Bosnien bis nach Serbien: Insgesamt drei Länder durchquerst du auf der 476 Kilometer langen Bahnstrecke von der Küstenstadt Bar in Montenegro bis nach Belgrad in Serbien. Dabei passierst du 254 Tunnel und 435 Brücken, darunter das Mala-Rijeka-Viadukt, das mit einer Länge von rund 499 Metern und einer Höhe von 198 Metern die höchste Eisenbahnbrücke Europas ist. Außerdem säumen zahlreiche landschaftliche Highlights den Weg, wie zum Beispiel der Skutarisee, der größte See des Balkans, Berglandschaften oder der Nationalpark Zlatibor. Für die Reise solltest du allerdings etwas Zeit mitbringen, denn die Zugfahrt dauert rund elf Stunden. Ein Ticket kostet circa 25 Euro.
Verreisen mit dem Fernbus – günstig, aber langsam
Fernbusse sind dank der besseren Auslastung eines der umweltfreundlichsten Fernverkehrsmittel. Laut Verkehrsclub Deutschland entstehen für die Strecke Berlin-Frankfurt der Bahn etwa 26 kg CO2, mit dem Reisebus 19,2 kg CO2. Mit dem privaten Pkw sind es hingegen mehr als 94 kg Kohlenstoffdioxid.
Verglichen mit den Sparpreisen im Zug sind Fernbusse etwa genauso teuer – abhängig von der Strecke. Im Unterschied zum Auto ist die Fahrt im Reisebus etwa zehnmal günstiger.
Der Nachteil: Da Fernbusse meist mehrere Zwischenstopps einlegen und dafür die Autobahn verlassen müssen, benötigen sie die längste Zeit. Staus, etwa an Landesgrenzen, kommen obendrauf. Zudem sind nicht alle Fernbus-Stationen gut angebunden.
Dafür kann man sich zwischen europäischen Metropolen günstig bewegen, z.B. nach Prag oder Budapest mit einem Regiojet-Bus ab 16 Euro. Die Strecke Nürnberg-Amsterdam bekommst du bereits ab ca. 20 Euro als Direktverbindung. Kopenhagen lässt sich von allen norddeutschen Städten (inklusive Berlin) gut mit dem Bus erreichen. London lässt sich von Köln und Frankfurt direkt erreichen. Hilfreich sind hier die Streckennetz-Karten der Fernbus-Anbieter.
Für Sportliche: Reisen mit dem Fahrrad oder E-Bike
Mit nahezu keinen CO2-Emissionen und sehr kostengünstig kommt die Fahrradreise daher. Für das Fahrrad fallen lediglich Emissionen an, wenn du es mit einem anderen Verkehrsmittel bewegen musst – und für die Herstellung des Rads.
Der Vorteil: Die Fahrradreise macht die Reise selbst zum Erlebnis. „Wer eine Woche mit dem Fahrrad unterwegs ist, dem kommt die Zeit oft wie drei Wochen vor. Man bekommt Land und Kultur hautnah mit“, sagt Jörn Illing vom Radreisen-Marktführer „Die Landpartie“. „Viele Menschen waren bereits in Mexiko oder Australien, aber noch nicht vor der eigenen Haustür. Hier kommt die Fahrradreise ins Spiel.“
Eine beliebte Radstrecke innerhalb Deutschlands ist der Elberadweg. Hier kannst du zum Beispiel von Dresden nach Prag (ca. 220 Kilometer) oder von Magdeburg nach Hamburg (ca. 370 Kilometer) fahren. Geld für die passende Ausrüstung und Verpflegung sowie Unterkunft solltest du einplanen – dafür kostet dich das Strampeln nichts. Auch toll: Der Donauradweg, der von Süddeutschland bis nach Wien reicht. Für Fortgeschrittene: Von Salzburg über die Alpen bis an die Adria. Und im Westen Deutschlands lockt nicht nur der Ruhrradweg von Winterberg bis Duisburg, sondern auch das Radnetz in den Niederlanden, das zu den besten der Welt zählt.
Fahrradreisen lassen sich gut mit anderen Reisearten verbinden. So kannst du z.B. am Rheinradweg von Basel nach Straßburg fahren und dann dort mit dem Zug weiter oder wieder zurück.
Mit dem Fahrrad reist es sich mit Abstand am langsamsten. Zudem ist minutiöses Planen Pflicht – genauso, wie den eigenen Fitnesszustand gut einschätzen zu können.
Profi-Tipps für Radreisen
Im Gespräch mit Jörn Illing vom Radreisen-Marktführer „Die Landpartie“ verrät er uns weitere spannende Insights. Auf die Frage, was die Reise mit dem Fahrrad oder E-Bike so besonders macht:
„Stichwort: Entschleunigung. Die körperliche Aktivität gepaart mit den vielen visuellen Eindrücken, die man an einem Tag sammelt. Beim Radfahren werden alle Sinne bedient: Geräusche, Gerüche und natürlich auch der Geschmack. Nach einer langen Radtour macht das Essen besonders viel Spaß.“ Die vielen Eindrücke, gepaart mit besonderen Erlebnissen – die Begegnungen am Wegesrand, die Einheimischen, mit denen man ins Gespräch kommt, das macht die Radreise einzigartig, erzählt er.
Der Trend geht zur Radreise – bessere Infrastruktur und mehr Angebote für Radreisende wie z.B. Bed & Bike tun ihr übriges. „Durch das E-Bike können auch ältere Semester länger Rad fahren und anspruchsvollere Profile wählen. Aber wir erleben auch immer mehr jüngere Menschen, die sich für Wander- und Radreisen interessieren. Dort steht meist das Naturerlebnis im Vordergrund“, so Illing weiter. Besonders beliebt seien Radreisen nach Mecklenburg-Vorpommern – der Grund: abwechslungsreiche Landschaft, flaches Profil und gut ausgebautes Wegenetz.
Natürlich ist die geführte Radreise etwas preisintensiver, doch dafür nehmen Anbieter wie „Die Landpartie“ den Radfahrenden die aufwendige Planung von Route, Unterkunft und Verpflegung ab. Neben der körperlichen Betätigung müssen sich die Reisenden hier um nichts kümmern. „Wir erleben bei Fahrradreisen vor allem zwei Gruppen von Menschen: Die, die individuell planen und die, die an einer geführten Gruppenreise teilnehmen möchten. Bei letzterer steht bei unseren Reisen die Begegnung im Vordergrund“, fasst Jörn Illing zusammen.
6 Tipps und Tricks für die Reise ohne Auto und Flugzeug
Natürlich ist das Flugzeug für Fernreisen nahezu unabdingbar. Ein Flug von Frankfurt nach Sydney stößt etwa 11.400 kg CO2 aus – doch es gibt kaum Alternativen. Reisen innerhalb Europas hingegen lassen sich fast immer mit Zug oder Bus bewerkstelligen. Hierfür die wichtigsten Tipps:
- Denke an Zwischenstopps: Lass dir genug Zeit zum Umsteigen. Züge haben gerne Verspätung und Fernbusse können im Stau stehen. Wenn du mit dem Fahrrad unterwegs bist, können dich die Müdigkeit oder schlechtes Wetter verlangsamen. Daher solltest du ausreichend Zwischenstopps einbauen. Sie eignen sich wunderbar, um die Stadt etwas zu erkunden oder sich die Beine zu vertreten. Experten empfehlen mindestens eine, besser anderthalb Stunden Pause.
- Rechtzeitig buchen: Bus und Bahn vergeben Sparpreise meist nach Auslastung. Also plane deine Reise bestenfalls ein paar Wochen im Voraus. Für beliebte Routen empfehlen sich Buchungen acht bis zehn Wochen vorab.
- Ein Ticket für alles nutzen: Wenn du mit mehreren Zügen oder Bussen desselben Unternehmens verreist, solltest du alles auf ein durchgängiges Ticket buchen. Die Deutsche Bahn gewährt nur so die vollen Fahrgastrechte, wenn es beispielsweise zu verpassten Zügen durch Verspätung kommt.
- Andere Länder im Blick haben: Manchmal lohnt es sich, nicht nur bei deutschen Anbietern nach den passenden Verbindungen zu schauen. In Italien können sich Bahnreisende z.B. das Streckennetz von Trenitalia und Italo ansehen. Für Skandinavien-Liebhaber empfiehlt sich z.B. der schwedische Anbieter Snälltåget. Das Fernbusnetz in osteuropäischen Ländern ist teils besser ausgebaut als in Deutschland. Auf der Seite Eurolines findest du passende Angebote.
- Fahrräder und Haustiere beachten: Nicht bei allen Anbietern kannst du dein Haustier oder dein Fahrrad mit in den Urlaub nehmen. Teilweise benötigen Hunde ein eigenes Ticket, z.B. bei der Deutschen Bahn. Im Flixbus ist die Tiermitnahme nicht gestattet. Fahrräder und E-Bikes fahren in der Regel gegen einen kleinen Aufpreis mit.
- Die Kombination macht’s: Zug und Fernbus können natürlich auch beliebig kombiniert werden – untereinander oder z.B. mit Fähre oder Fahrrad.
Als Master der Kommunikationswissenschaften ist Annalena fasziniert von den Geheimnissen der Psychologie und den Nuancen zwischenmenschlicher Beziehungen. Ihrer künstlerischen Ader kann sie auf der Theaterbühne Ausdruck verleihen. Im Einklang mit der Natur entdeckt sie ständig Neues. Darum schreibt sie am liebsten über Reisen, Gesundheit, Schönheit und nachhaltige Ernährung. Ihre Lebensphilosophie: Immer neugierig bleiben!