Das minutenlange Halten einer Asana – darum geht es beim Yin Yoga. Das Ziel: Bänder, Sehnen und Faszien dehnen und dabei Körper und Geist entspannen. Wie das genau funktioniert? Unsere Redakteurinnen haben’s für dich ausprobiert: bei einer Yin Yoga-Praxis in einem Yoga Retreat in der Schweiz.
Eine Yoga Retreat Erfahrung im Hier und Jetzt
Dass eine Yoga-Praxis mich jemals zum Weinen bringen könnte, hätte ich nicht gedacht – bis zu unserer Yin Yoga Einheit im Retreat. Es war die Kombination aus Livemusik, das tiefe, bewusste Durchatmen und das Gefühl, in den Moment einzutauchen, die mich dazu brachte, vollkommen loszulassen – inklusive einiger Tränchen. Sich dem Hier und Jetzt komplett hingeben: Wie oft macht man so etwas im Alltag überhaupt? Umso mitreißender war das Gefühl in diesen 90 Minuten, begleitet von den Klängen des Pianos.
„Ihr braucht nichts außer euch selbst und eure Matte. Seht diese Klasse als Me-Time“, mit diesen Sätzen eröffnet Noah Frehmann die Yin Yoga Praxis in der Schweiz nahe von Basel. Für meine Kolleginnen und mich ist es das erste Mal in einem Yoga Retreat – gleich mit bis zu zwei Yoga-Kursen am Tag. Dynamische und schweißtreibende Yoga Flows haben wir bereits hinter uns; diese Einheit verspricht dagegen Ruhe und Entspannung. Wir schließen die Augen und nach ein paar bewussten Atemzügen in der eingenommenen Position ertönen die ersten Klänge des Flügels, auf dem Noah für uns spielt. Und mit ihnen werden meine Augen feucht. Die sanfte Dehnung am Rande des Bewusstseins zu vernehmen, während ich innerlich jeden Ton wahr- und aufnehme. Die Zeit steht still. Die 14 Minuten, in denen wir eine der Asanas halten, vergehen wie im Fluge. Im Alltag bin ich ein Mensch, der Leerlauf nur schlecht ertragen kann. Und auch bei dynamischeren Yoga Flows hat mich das Verweilen in Asanas oftmals gefordert, auch mental. Oft kamen Gedanken auf, unter anderem auch „Wie lange muss ich das noch halten?“. Der bewusste Atem gibt in solchen Momenten halt – eines der Dinge, die ich bereits am ersten Tag des Retreats gelernt habe. Bei dieser Yogaeinheit ist neben der Atmung die Musik mein Anker. Und so lausche ich den Klängen des letzten Songs und bin fast enttäuscht, als der Flügel verstummt und mit ihm die Yin Yoga Praxis endet.
Für was ist Yin Yoga gut?
In der Ruhe liegt die Kraft – eine passende Redewendung für Yin Yoga. Denn diese Trainingseinheit lebt von langatmigen Asanas mit passiven Dehnungen. Statt aktiv in ein Stretching zu gehen, gibt man sich in den liegenden und sitzenden Yogahaltungen der Schwerkraft hin. Durch das minutenlange Halten der Position kann die Dehnung der Faszien auch ohne große Anstrengung intensiv werden. Hilfsmittel wie ein Yogaklotz und die Atmung unterstützen dabei. Oftmals hilft es auch sich vorzustellen, in die Körperregionen zu atmen, die sich eng anfühlen. Von Vorbeugen und Rückbeugen bis hin zu Hüftöffnern und Drehhaltungen – auch wenn die Asanas denen eines dynamischen Yogastils gleichen, ist die Intention eine andere: Statt Muskelanstrengung geht es um das Loslassen und Entspannen von Faszien und Geist. „Für ein paar Minuten in der Pose verweilen, den Kopf abschalten und sich auf die Ruhe einlassen – das macht Yin Yoga aus“, so Noah. Doch der Yogalehrer weiß auch: „Es braucht Geduld, um in diesen meditativen Zustand zu gelangen.“
Wie ein chinesischer Mythos Yoga prägt
Seinen Namen verdankt diese Art von Yoga dem chinesischen Mythos von Yin und Yang: zwei gegensätzliche Kräfte, die sich ergänzen und vervollständigen wie Tag und Nacht. Während Yin für die dunkle, weibliche, passive und kühle Energie steht, verkörpert Yang das Helle, Männliche, Aktive und Warme. Yin und Yang sollen nicht nur die Natur beeinflussen, sondern zeigen sich auch in unserem Körper und Geist.
Auch wenn der Mythos Hunderte Jahre alt ist, existiert dieser Yogastil erst seit den späten 70ern. Vater des Yin Yogas ist der Amerikaner Paulie Zink. Inspiriert von Hatha und Tao Yoga enthalten seine Yogastunden sowohl passive als auch aktive Asanas – also Yin und Yang. Der amerikanische Yogalehrer Paul Grilley, der damals als Schüler von Zink mit der Praxis in Berührung kam, entwickelte den Stil Jahre später weiter, indem er sich auf das passive Halten der Asanas fokussierte. Ein Variante, für die Yin Yoga heute bekannt ist.
3 Yin Yoga Übungen für zu Hause
Yin Yoga funktioniert auch daheim und ist die perfekte Methode, um im stressigen Alltag durchzuatmen. Bevor du dich auf deine Matte begibst, dimme gern das Licht und lege Hilfsmittel sowie eine Decke für eine mögliche Schlussentspannung bereit. Nach Bedarf kannst du leise Musik anmachen.
Übung 1 – Baddha Konasana, der Schmetterling
Nimm einen aufrechten Sitz ein und führe deine Fußsohlen zueinander. Deine Beine sind jetzt angewinkelt und nach außen geöffnet. Um eine intensivere Dehnung zu spüren, ziehe deine Fersen mithilfe deiner Hände ganz sanft näher an dich heran. Wahlweise kannst du mit gerundetem Rücken deinen Oberkörper nach vorne ablegen. Wandere dafür zunächst mit deinen Händen langsam nach vorne. Nimm dir gern ein Kissen oder Yogaklotz zur Hilfe. Verweile in dieser Position für etwa drei bis zehn Minuten. Hör auf deinen Körper, verbinde dich mit der Atmung und bleib entspannt. Baddha Konasana ist eine großartige Asana, um die Flexibilität der Hüften und Oberschenkel zu verbessern.
Übung 2 – Paschimottanasana, die Raupe
Diese Yogahaltung dehnt die Rückseite des Körpers, insbesondere die Beine. Setze dich mit nach vorne gestreckten Beinen auf die Matte. Bringe mit der Einatmung die Hände über deinen Kopf und mit der Ausatmung beugst du dich behutsam nach vorne. Lege deine Hände bequem auf deinen Beinen ab und verweile hier ebenfalls für drei bis zehn Minuten.
Übung 3 – Anahatasana, der Herzöffner
Komm zunächst in einen Vierfüßlerstand. Wandere von hier aus mit deinen Händen so weit nach vorne, dass dein Brustkorb immer weiter Richtung Matte sinkt. Wenn es bequem ist, lege deine Stirn auf der Matte ab. Gehe hier besonders achtsam mit deinen Schultern und dem Rücken um und komme nur so tief, wie es sich gut anfühlt. Halte auch diese Position für einige Minuten.
Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet.