Sprouting, das Heranziehen von Sprossen, hat sich zum Food Trend entwickelt. Wir erklären, wieso Sprossen so beliebt sind, wie du sie ziehst – und wieso ein Feuerwehrmann jetzt gekeimte Nüsse verkauft.
Rich Pauwels weiß, wie sich Hitze anfühlt. Er ist ihr schon oft ganz nah gekommen. Als Feuerwehrmann in Los Angeles County hat der gebürtige Angelino 20 Jahre lang Brände gelöscht. Von 1000 Grad heißen Flammen entfernten ihn dann nur wenige Meter. Manchmal war er mit seiner Crew bis zu zehn Stunden im Einsatz, um Buschfeuer unter Kontrolle zu bringen. Das bedeutete, zehn Stunden lang umgeben sein von Flammen. Aber es war nie die Hitze oder der Rauch, die ihn bei solchen Einsätzen störten. Etwas anderes machte Rich zu schaffen: Er hatte Hunger.
Auf der Suche nach einem geeigneten Snack
Ein Problem, das belanglos erscheint. Aber um zehn Stunden lang einen Brand zu löschen, braucht man Energie. „Auf einem Buschfeuer gibt es keine gesunden Mahlzeiten“, sagt Rich. „Also habe ich Cashews aus dem Supermarkt gegessen. Bis zu 500 Gramm pro Einsatz.“ Doch statt der gewünschten Energie, bekam er von den Nüssen Magenbeschwerden. Er fing an zu recherchieren: Wieso wurde ihm von den Cashews schlecht?
Die Antwort lieferten Begriffe wie ‚Phytinsäure‘, ‚Lektine‘ und ‚Saponine‘. Das sind Antinährstoffe, die Samen umgeben. Sowohl Nüsse wie zum Beispiel Cashews als auch Hülsenfrüchte wie Linsen oder Kichererbsen und Getreidekörner wie Buchweizen oder Mais sind Samen. Denn aus ihnen kann wieder eine neue Pflanze wachsen. In der Natur dienen die Antinährstoffe als Schutzhülle. Bei uns Menschen können sie in zu großen Mengen Magenbeschwerden auslösen. Außerdem erschweren sie die Aufnahme enthaltener Nährstoffe und Vitamine. Auch abgepackte Nüsse, Getreidekörner und Hülsenfrüchte, die wir im Supermarkt kaufen, sind von den Antinährstoffen umgeben. Also begann Rich nach Möglichkeiten zu suchen, diese Schutzhülle zu entfernen. Die Lösung war einfach. Alles, was er brauchte, war Wasser.
Aus Samen werden Sprossen
Wasser signalisiert den Samen, dass es Zeit ist, ihre Schutzhülle abzulegen. Sie machen sich bereit für die Verwandlung zur Pflanze und beginnen zu keimen. Dabei brechen sie auf und bilden eine fadenartige Triebspitze, den Keimling. Aus diesem Keimling entsteht dann die Sprosse, ein winziger Stängel mit Blättchen.
Die jungen Triebe lassen sich ganz einfach selbst zuhause ziehen. Unter dem Begriff ‚Sprouting‘, auf deutsch Keimung, hat sich daraus ein Food Trend auf der ganzen Welt entwickelt.
Dazu besorgst du dir zunächst die Samen deiner Wahl im nächsten Bio-Supermarkt. Entweder holst du dir abgepackte Nüsse, Getreidekörner oder getrocknete Hülsenfrüchte wie zum Beispiel Erbsen oder Kichererbsen.
Als Erstes spülst du dann deine Samen ab. Danach gibst du sie in eine Schüssel, bedeckst sie mit Wasser und legst ein Küchentuch darüber. Nach rund acht bis zwölf Stunden siebst du das Wasser ab und stellst das Sieb über einer Schüssel an einen warmen, hellen Ort. Im Sommer zum Beispiel ans Fenster, im Winter auf eine Heizung. Zwei – bis dreimal täglich solltest du den Inhalt des Siebs mit kaltem Wasser abwaschen, abtropfen lassen und wieder zur Ruhe stellen. Das Saatgut muss immer feucht sein, aber nie nass. Nach zwei bis drei Tagen wirst du die ersten Keimlinge sprießen sehen. Je nachdem, welche Samen du für dein Sprouting nutzt, variieren die Einweich- und Keimzeiten.
Sprouts schmecken als Beilage auf’s Brot, im Salat, in warmen Speisen wie Reis- und Pfannengerichten oder als Topping im Müsli. Im Kühlschrank gelagert halten sich die Sprossen bis zu sieben Tage.
Sprossen sind gesünder
Die gesundheitlichen Vorteile von Sprossen sind schon lange bekannt. In der chinesischen Medizin verwenden Ärztinnen und Ärzte die Keimlinge seit über 5.000 Jahren, um Krankheiten zu heilen. Denn durch die Keimung werden Kohlenhydrate und Proteine so umgewandelt, dass sie für Menschen leichter verdaulich sind und die Nährstoffe im Darm besser aufgenommen werden können. Außerdem erhöht sich die Konzentration von Vitaminen und Mineralstoffen in Sprossen. Kaum ein Gemüse enthält die gleiche Menge an lebenswichtigen Vitalstoffen.
Die positiven Effekte des Sprouting kann Rich bestätigen: „2015 fing ich an, meine Cashews und andere Nüsse mit Wasser zum Keimen zu bringen“, erinnert er sich. „Sie entpuppten sich als der ideale Snack während langer Einsätze. Ich hatte genügend Energie und die Magenprobleme blieben aus.“
Inzwischen arbeitet er nicht mehr als Feuerwehrmann. Denn die gekeimten Nüsse kamen bei seiner Crew so gut an, dass er sich dazu entschied, sie zum Verkauf anzubieten. Seit 2017 sind sie über sein Label ‚Rich Nuts‘ erhältlich. „Ich dachte, wenn mich die gekeimten Nüsse durch ein Buschfeuer bringen, können bestimmt auch andere Menschen von ihrer Power profitieren“, sagt er.
Katrin hat in Berlin Publizistik studiert und schreibt seit drei Jahren als Redakteurin im Lifestyle-Bereich. Wenn sie nicht gerade die weite Welt bereist, übt Katrin Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder ist auf der Suche nach den neuesten Innovationen und Health-Trends. Deshalb schreibt sie bei kronendach für die Rubriken Travel, Mindfulness und Zeitgeist. Nach Feierabend findet man sie meistens mit einer Matcha Latte in der Hand durch die Straßen Hamburgs spazieren.