Tee Anbau kann auch ohne Pestizide gelingen. Wir zeigen dir Teefarmen, bei denen du mit gutem Gewissen einkaufen kannst – und wie du dir deine eigene Teepflanze zu Hause aufziehst.
Hannes Saarpuus Weg zum Bio-Tee-Farmer begann vor ein paar Jahren auf der Terrasse seines Ferienappartements in Mangouli, einem kleinen Dorf auf der Nordinsel Neuseelands. Während er seinen Blick über die Wiesen, Palmen und das Meer vor ihm wandern ließ, wurde ihm etwas bewusst: Er wollte nicht länger in seinem Bürojob als CEO eines Transportunternehmens in Estland arbeiten. Nach zehn Jahren war er ausgebrannt, selbst seine dreiwöchige Auszeit in Neuseeland reichte nicht, um die Batterien wieder aufzuladen. Er entschied sich dazu, einen Neustart zu wagen – und erinnerte sich an einen Traum, den er schon seit seiner Kindheit hegte: Eine kleine Farm zu besitzen, weit weg vom Trubel und der Hektik der Großstadt. Fest entschlossen machte er sich mit seiner Partnerin Kristina auf den Weg zurück nach Estland. Bis er seinen Traum verwirklichte, sollte es nicht mehr lange dauern.
Vom CEO zum Bio-Tee-Farmer
Heute betreibt Hannes mit einem kleinen Team aus früheren Arbeitskolleg:innen und Freund:innen die Teefarm „Renegade Estate“ in Imeretien, einer Region in Westgeorgien.
2016 mietete er hier von den georgischen Behörden im Rahmen des Programms „Georgian Tea“ drei überwucherte Teeplantagen an. Ziel des Programms ist es, die georgische Teeindustrie wieder anzukurbeln und die alten Plantagen aufzuforsten. Denn früher war Georgien einer der größten Teeproduzenten der Welt. Doch mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ging auch die georgische Teeindustrie unter, zu groß war die Konkurrenz mit billigen Teemarken aus dem Ausland. Hunderte Plantagen voller Teepflanzen wurden aufgegeben und ihrem Schicksal überlassen. Mehrere Monate hat es gedauert, bis Hannes und sein Team die alten Plantagen in Handarbeit von Farnen und Büschen befreit hatten. Doch die Arbeit hatte sich gelohnt. Schon in der ersten Saison 2018 konnten Hannes und sein Team fünf Kilogramm frischer Blätter aus ihren Teepflanzen ernten, daraus stellten sie ein Kilogramm Tee her.
Renegade Tea: Bio-Tee aus Georgien
Die Rezepte für die Tees entwickelt Hannes selbst in immer neuen Experimenten. Das Ergebnis sind verschiedene Sorten von Schwarzem Tee, Grünem Tee, Weißem Tee, Kräutertee und Oolong-Tee – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Die Beutel verkauft er online über einen Shop.
Eines war Hannes von Anfang an wichtig: „Wir wollen mehr Authentizität, Persönlichkeit und hochwertigen Bio-Tee in die globale Teeindustrie bringen, die heute auf Massenproduktion und Anonymität ausgerichtet ist“, sagt er. Deshalb helfen zum Beispiel die Bewohnerinnen und Bewohner der umliegenden Dörfer bei der Ernte der Pflanzen mit. Damit schaffen Hannes und sein Team faire Arbeitsbedingungen für die Menschen vor Ort. Außerdem wachsen die Teepflanzen frei von Chemikalien, Pestiziden oder konzentrierten Düngemitteln – komplett ‚Bio‘ eben.
Noch mehr Bio-Tee aus Europa
Du möchtest deinen Teevorrat mit Bio-Tees aus kontrolliert ökologischem Anbau auffüllen? Dann kannst du deine nächsten Beutel bei diesen europäischen Teefarmern bestellen.
1. Teeplantage Gorreana auf den Azoren
32 Hektar umfassen die Plantagen der Teefarm Gorreana auf den Azoren. Sie liegt an der Nordküste der Azoreninsel São Miguel und befindet sich seit 153 Jahren im Besitz der Familie Mota. 40 Tonnen Tee produziert das Familienunternehmen pro Jahr – und das 100 Prozent Bio, ganz ohne den Einsatz von Pestiziden. Das ist auch dem Atlantikklima zu verdanken. Denn die üblichen Pflanzenschädlinge gibt es auf der Insel nicht, außerdem herrscht eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit bei ganzjährig frostfreien Temperaturen – und um das Unkraut kümmern sich die Ziegen der Farm.
Von April bis September werden die Blätter dann alle zwei bis drei Wochen geerntet. Die zugehörige Teefabrik, in der die Blätter der Teepflanzen verarbeitet werden, ist die älteste Teefabrik Europas. Viele der Maschinen stammen noch aus der Anfangszeit der Teefarm und einige Arbeitsschritte führt Familie Mota bis heute per Hand aus. Zum Beispiel das Heraussammeln der Stängel, wenn die Teeblätter getrocknet sind. Das Ergebnis sind frische Schwarze und Grüne Tees direkt von der Atlantikküste.
2. Gut Tregothnan in Cornwall
Seit 1999 befindet sich auf Gut Tregothnan in Cornwall eine Teeplantage – die erste und einzige in England. Schon Mitte der Neunziger Jahre vermutete Jonathon Jones, der Chefgärtner des Guts, dass die Teepflanze in Cornwall aufgrund des vorherrschenden Klimas gut wachsen könnte. Denn dank des Golfstroms fallen die Temperaturen in der Region nur selten unter null Grad. Auch die sauren Böden und die hügelige Landschaft sind von Vorteil für die Teepflanze.
Also reiste Jonathon in Teeregionen wie Darjeeling in Indien, um mehr über den Teeanbau zu erfahren. 1999 startete er sein Experiment und pflanzte drei Reihen der Camellia sinensis auf Gut Tregothnan an. Die erste Ernte im Jahr 2005 erbrachte zwar nur 28 Gramm Tee, doch nach rund 20 Jahren Erfahrung werden hier inzwischen rund 1.000 Kilogramm Tee pro Jahr produziert. Einmal im Jahr findet die Teeernte statt, anschließend werden die Blätter in Doppelnetzen getrocknet und zu Grünem Tee und Schwarztee verarbeitet.
3. Casa del Té in der Schweiz
Seit 2005 wächst auf dem Berg Monte Veritá in der Schweiz eine kleine Teeplantage mit rund 1.400 Teesträuchern. Teeliebhaber und Spezialist für Naturheilkunde Peter Oppliger gründete die Plantage inklusive eines nach japanischer Philosophie angelegten Teewegs und eines japanischen Teehauses. Die Ernte der Camellia Sinensis findet vom Frühjahr bis in den Spätsommer statt, danach werden die Blätter zu Grüntee, Schwarztee oder Weißem Tee verarbeitet. Die Tees gibt es vor Ort im Teeladen zu kaufen.
Wer möchte, kann auch an einer Führung durch den Teegarten und die Plantage teilnehmen, im Teehaus finden zudem regelmäßig Teezeremonien statt. Denn Peter geht es bei seiner Teeplantage weniger um den kommerziellen Anbau und mehr darum zu zeigen, wie die biologische Teeproduktion funktioniert.
Bio-Tee: Eigener Anbau von zuhause aus
Noch mehr Bio geht nicht: In nur wenigen Schritten kannst du auch ganz einfach deine eigenen Pflanzen der Camellia sinensis heranziehen. Die Pflanze mit den weißen Blüten ist nicht nur schön anzusehen, aus ihren Blättern kannst du dir auch frischen Grünen Tee aufbrühen. So geht’s:
Bio Teeanbau Schritt 1 – Den richtigen Standort finden
Die Camellia sinensis braucht einen hellen bis halbschattigen Ort, um zu wachsen. Direkter Mittagssonne sollte die Pflanze nicht ausgesetzt sein. In der Natur können die Pflanzen bis zu vier Meter hoch werden, im Blumentopf wird die Teepflanze rund 1,5 Meter hoch.
Bio Teeanbau Schritt 2 – Düngen und Gießen
Als Substrat eignen sich die üblichen Mischungen für Zimmer- oder Kübelpflanzen, aber auch auf Kakteenerde wachsen die Pflanzen gut. Zum Gießen nutzt du am besten Regenwasser oder entkalktes Wasser. Die Pflanze braucht nur mäßig Flüssigkeit, gieße sie am besten immer dann, wenn die oberste Substratschicht trocken ist. Über die Sommermonate düngst du sie alle zwei bis drei Wochen mit Bio-Rhododendrondünger.
Bio Teeanbau Schritt 3 – Überwintern
Sobald die Temperaturen draußen unter zehn Grad fallen, solltest du deine Camellia sinensis zur Überwinterung reinstellen. Am besten in einen Raum, in dem Temperaturen zwischen zehn und 18 Grad herrschen. Dann musst du deine Pflanze nicht mehr düngen und kaum gießen. Sollte ein solcher Raum bei dir nicht zur Verfügung stehen, kann die Teepflanze auch bei normalen Zimmertemperaturen überwintert werden. Dann musst du sie aber durchgängig düngen und gießen wie im Sommer.
Bio Teeanbau Schritt 4 – Ernte
Damit aus deiner Pflanze leckerer Grüner Tee wird, pflückst du im Frühjahr die Blätter und lässt sie in der Sonne welken. Danach dörrst du sie für 25 bis 40 Minuten bei 50 Grad im Backofen. Anschließend kannst du sie entweder in luftdichten Behältnissen lagern oder vier bis sechs Blätter mit heißem Wasser aufgießen und frisch genießen.
Katrin hat in Berlin Publizistik studiert und schreibt seit drei Jahren als Redakteurin im Lifestyle-Bereich. Wenn sie nicht gerade die weite Welt bereist, übt Katrin Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder ist auf der Suche nach den neuesten Innovationen und Health-Trends. Deshalb schreibt sie bei kronendach für die Rubriken Travel, Mindfulness und Zeitgeist. Nach Feierabend findet man sie meistens mit einer Matcha Latte in der Hand durch die Straßen Hamburgs spazieren.
