Ein Garten, der sich selbst erhält – und das vergleichsweise pflegeleicht? Das geht mit einem Permakultur-Garten: ein in sich geschlossenes Ökosystem, in dem du auch noch überall naschen kannst.
Weil der initiale Aufwand etwas höher ist als bei einem Garten, den du jede Saison von neuem anlegst, unterstützen Permakultur-Berater bei der Planung. So auch Sabrina Wagner: Sie kommt zu dir in den Garten und erstellt einen Plan, schult dich in Online-Seminaren ihrer eigenen Umweltakademie Cum Natura und hat das Buch „Permakultur leben“ geschrieben, das im September erscheint. Im Interview erzählt sie, was Permakultur ist, wie sie dazu gekommen ist und gibt Tipps für einen selbsterhaltenden Garten, der auch noch gesund ist und zum Ernten einlädt.
Zuallererst: Was genau ist Permakultur?
Sabrina Wagner: Die Permakultur funktioniert nach drei Grundsätzen. Erstens – Earth Care: Ich setze keine Gifte im Garten ein und sorge dafür, einen Lebensraum für Tiere zu schaffen. Und ich gehe sorgsam mit dem mir anvertrauten Ressourcen um.
Zweitens – People Care: Hier geht es um den gleichen Grundgedanken, nur auf Menschen gemünzt. Ich baue Kooperationen auf, will gemeinschaftlich Dinge bewirken. Und wir beziehen Menschen, die weniger Chancen haben, mit ein.
Drittens – Fair Share: Ich schränke meinen eigenen Konsum ein. Und ich gebe das in den Kreislauf zurück, was ich zu viel habe: seien es Zucchinis, Wissen, oder das Spielzeug meiner Kinder.
Von der Versicherungskauffrau zur Permakultur-Beraterin: Wie kam’s?
Ich war schon immer sehr naturverbunden. Vor zehn Jahren sind wir ins eigene Haus gezogen und ich habe begonnen, mich mit dem Thema Selbstversorgung zu beschäftigen.
Selbstversorgung und Permakultur sind eng verknüpft. Denn wenn ich das ganze Jahr ernten kann, mache ich einen großen Schritt in Richtung Selbstversorgung. Ich habe mich immer wieder mit dem Thema auseinandergesetzt und dann 2018 einen Kurs besucht. Das war ein Augenöffner. Schon am ersten Tag begriff ich: Ok, krass, das geht nicht nur um Pflanzen, sondern betrifft alle Lebensbereiche. Es gibt eine Richtlinie, eine Ethik, eine grundlegende Idee des Umgangs mit der Natur.
Nimm uns mit in deinen Alltag: Was erleben wir in deinem Garten, was begeistert dich am Selbstversorgerleben?
Ich kann bei uns in den Garten gehen und überall naschen: ein paar Beeren hier, Kräuter dort, Weintrauben drüben. Wir haben ein Grundstück mit 300 Meter Wegstrecke, und ich kann dort entlanggehen und überall zugreifen – beispielsweise auch ein Blatt von einem essbaren Baum. Das ist einfach großartig.
Worin siehst du die größten Herausforderungen im Bereich Permakultur und Selbstversorgung?
Das Problem ist, dass unsere Gärten nicht mehr im Gleichgewicht sind. Nützlinge werden zu Schädlingen, weil sie zu viele werden. Wir müssen unsere kleinen Ökosysteme so gestalten, dass sie die richtigen Gegenspieler anlocken und so das Gleichgewicht herstellen. Das ist teilweise ein jahrelanger Prozess: Man muss dem Garten und sich Zeit geben, damit sich das Gleichgewicht einspielen kann. Das wichtigste ist: Nicht aufgeben! Dranbleiben zahlt sich aus. Ich war auch an diesem Punkt: Im letzten Jahr haben wir jeden Tag zwei Stunden lang Schnecken abgesammelt. Jetzt ist das nicht mehr nötig.
Was sind einfache Tipps, die man auch als Stadtmensch umsetzen kann?
Auch in der Stadt ist Permakultur möglich, denn die Idee dahinter betrifft alle Lebensbereiche: Wie ernähre ich mich? Welchen Strom beziehe ich? Wie bewege ich mich fort? Ich kann auch in Töpfen oder Balkonkästen oder sogar vertikal anbauen.
Beispielsweise lassen sich Gemüsereste wieder in einer Wurmkiste zu Dünger verarbeiten, so kann man Mini-Kreisläufe schließen. Oder man fängt das Regenwasser auf, oder nutzt das Wasser, mit dem man den Salat wäscht, für die Pflanzen. So holt man wenig in den Kreislauf hinein und nimmt wenig heraus.
Was gibst du besonders Anfänger:innen mit auf den Weg?
Mach dir bewusst, was Permakultur eigentlich ist. Es geht eben nicht nur um Selbstversorgung, sondern um natürliche Kreisläufe, auf die ich möglichst wenig einwirke. Ich empfehle, sich auszuprobieren, sich auf den Weg zu machen, denn bis man Permakultur im eigenen Garten etabliert hat und die Kreisläufe versteht, braucht es Zeit. Deswegen sollte man lieber klein starten, mit einem oder zwei Beeten, und sich fragen: Was schmeckt mir, und welcher Aufwand ist für mich machbar? Anschließend kann man Fläche dazunehmen. Kleine Lösungen, die nach und nach wachsen, ergeben mehr Sinn.
5 Tipps für mehr Permakultur im eigenen Garten
Tipp 1 – Nutze den Kreislauf des Lebens
Schaffe ein ökologisches Gleichgewicht. Setze eine Fruchtfolge, die die verbrauchte Erde wieder mit Nährstoffen versorgt. Lege eine Mulchschicht auf deine Erde. Wenn sie sich zersetzt, gibt sie Nährstoffe ab. Außerdem wird Wildwuchs gehemmt. Damit sparst du dir viel Arbeit, chemische Düngemittel und Unkrautvernichter.
Tipp 2 –Nutze den ganzen Raum
Denke auch in der Senkrechten. Du kannst Hochbeete anlegen. Hier kannst du auch die Seitenwände für das „vertical gardening“ nutzen. Oder lege eine Kräuterspirale an. Hier ermöglichst du Pflanzen mit unterschiedlichen Bedürfnissen in Klima oder Boden zusammenzuleben.
Tipp 3 – Sei im Einklang mit der Natur
Nutze natürliches Schädlingsbekämpfungs- und Düngermittel. Lege eine Mischkultur an und vermeide Monokulturen. Die Pflanzen können sich dann gegenseitig unterstützen. Wähle Pflanzen, die den Boden abdecken – sowie Beeren – damit vermeidest du automatisch Unkraut.
Tipp 4 – Mach dir Freunde
Bau ein Insektenhotel mit Tränke. Gewähre Kleintieren im Winter Unterschlupf und Nahrung. Sie werden es dir mit einer reichen Ernte danken.
Tipp 5 – Recycle, was du kannst
Mit einer Wurmkiste kann der Biomüll zur nährstoffreichen Erde werden. Andere Abfälle kannst du vielleicht als Dünger verwenden. Kaufe deine Samen nicht jedes Jahr neu, sondern gewinne sie aus deinen Pflanzen.