Sie kann sowohl haptisch als auch illusionistisch sein; eine Skulptur oder ein Gemälde; abstrakt oder konkret; digital oder analog: 3D-Kunst ist vielfältig und hat dennoch einen Rahmen. Welche Formen von dreidimensionaler Kunst existieren und wie du selbst so ein 3D-Gemälde anfertigst, liest du jetzt.
Michelangelos David 2.0: Kunst aus dem 3D-Drucker
Mit modernster Scan-Technologie einen Zwilling erschaffen? Das ist möglich, jedenfalls wenn es um physische Objekte geht. Im Fall der Weltausstellung Expo 2020 in Dubai handelte es sich dabei um ein weltbekanntes UNESCO-Weltkulturerbe: Michelangelos Monumentalstatue David – biblischer Held im Kampf gegen den Riesen Goliath. Weil es zu riskant gewesen wäre, das Original nach Arabien zu transportieren, wurde eine Replik der 5,17 Meter großen Renaissance-Skulptur angefertigt. Dafür waren gleich zwei verschiedene Scansysteme notwendig, um ein makelloses digitales Duplikat ohne eine Berührung des Originals herzustellen. Aus Acrylharz und einem flammhemmenden, fotopolymerischen Gel ließen 3D-Drucker das Replikat entstehen, zunächst in 14 Teile gestückelt. Restaurator:innen fügten die einzelnen Teile mit Leim zusammen und vollendeten die Oberflächentextur mit einer Pulvermischung aus Harz und Carrara-Marmor. 550 Kilogramm – so viel wiegt das David-Duplikat und ist damit etwa ein Zehntel so leicht wie sein über 500 Jahre älterer Zwilling.
3D-Kunst, eine Frage der Definition
Das David-Duplikat ist nur ein Beispiel für 3D-Kunst – allerdings weniger wegen der innovativen Drucktechnik, sondern vielmehr, weil es sich um ein dreidimensionales Kunstwerk handelt. Zu vorherrschenden 3D-Werken zählen Installationen und insbesondere Skulpturen, die seit Jahrhunderten zum Kunsthandwerk dazugehören. Sobald ein physischer Raum mit allen Dimensionen – Höhe, Breite und Tiefe – gegeben ist, zählt das Werk bereits zur 3D-Kunst. Eine Ausnahme gibt es jedoch: illusionistische Kunst. Sie kann auch in einer 2D-Umgebung stattfinden und dennoch optisch einen dreidimensionalen Raum erzeugen. Bereits der Renaissance-Künstler Melozzo da Forlì spielte bei seinen biblischen Deckengemälden mit der Perspektive.
DIY: Moderne Kunst in Dreidimensional
Gemälde können nicht nur illusionistisch eine dritte Dimension aufmachen, sondern auch physisch – wie bei diesem DIY-Bild. Das Upcycling-Kunstwerk mit dem haptischen Faltenwurf kannst du ganz einfach selbst erschaffen. Dafür brauchst du ein altes, großes Stück Stoff, eine Leinwand, Acrylfarbe, Pinsel, einen großen Topf oder Eimer und Kleister. Wenn du den Kleister selbst herstellen möchtest, benötigst du ausschließlich Weizenmehl und Wasser.
DIY-Schritt 1
Schneide den Stoff auf die Leinwand zu, sodass je ein Drittel über die vier Ränder schaut. So hast du im späteren Verlauf ausreichend Stoff zur Verfügung, um die Falten wie gewünscht zu drapieren.
DIY-Schritt 2
Wenn du Kleister bereits vorrätig hast, kannst du diesen Schritt überspringen. Ansonsten gebe 500 ml Wasser und 150 g Weizenmehl in einen Topf und koche die Mischung unter Rühren auf, bis eine zähe Masse ohne Klümpchen entsteht. Jetzt den selbstgemischten Kleister noch kurz abkühlen lassen.
DIY-Schritt 3
Nun den Stoff in einen Eimer oder Topf voll Kleister geben. Lass diesen für etwa ein bis drei Minuten einweichen und drapiere ihn dann auf der Leinwand. Am besten legst du vorher eine Folie unter diese, um den Untergrund zu schützen. Zupfe jetzt den feuchten Stoff in den gewünschten Faltenwurf. Achte darauf, dass du diesen an den Rändern der Leinwand umklappst, sodass alle vier Seiten und die Bildfläche vom Stoff vollständig ummantelt sind.
DIY-Schritt 4
Nun heißt es, Geduld bewahren und die Eigenkreation trockenen lassen. Das kann bis zu zwei oder drei Tagen dauern.
DIY-Schritt 5
Male nun mithilfe eines Pinsels das Bild in der Wunschfarbe an. Oftmals sind mehrere Schichten notwendig, bis dein 3D-Kunstwerk ganzheitlich und blickdicht mit Farbe bedeckt ist. Fertig ist dein plastisches Gemälde.
Kunst aus Kunststoff gemacht
Upcycling-Kunst findet sich nicht nur in DIY-Projekten: Seit Jahren gewinnt diese Form der Kunst an Aufmerksamkeit und kreativen Anhänger:innen. Inbegriffen sind zahlreiche Skulpturen, Installationen und Gemälde, die sowohl in ihrer Botschaft als auch Dimension in die Tiefe gehen. So widmet sich auch die Künstlerin Aurora Robson dem Upcycling und gestaltet aus altem Plastik neue Kunstwerke. Geboren wurde sie 1972 in Toronto, aufgewachsen ist sie auf Hawaii. Als junge Erwachsene verbrachte sie zwei Jahrzehnte in New York City, wo sie an der Columbia University Kunstgeschichte und Bildende Kunst studierte. Mittlerweile lebt sie mit ihrer Familie in Hudson Valley. Seit mehr als einem Jahrzehnt kommt sie der künstlerischen Arbeit mit Plastik nach, bei der sie sich auf Skulpturen und Installationen fokussiert. Negativem durch Kreativität eine positive Form geben – aus diesem Gedanken heraus fing ihre Arbeit mit dem Material Plastik an. Dabei steht nicht die „Schönheit“ im Vordergrund. Für Robson ist Kunst ein Sprachrohr, durch das Botschaften es über die visuelle Ebene hinaus ins Bewusstsein schaffen. In ihrem Handwerk setzt sie gezielt auf Upcycling, denn die gebürtige Kanadierin ist überzeugt: Kunststoff muss in Design und Kunst wiederverwertet anstatt nur in geringen Mengen eingeschmolzen und recycelt werden. Genau deshalb ist Robson Mitbegründerin von Project Vortex – einem internationalen Kollektiv von Künstler:innen, Designer:innen und Architekt:innen, die wie sie selbst auf innovative Weise mit altem Plastik arbeiten.
3D Street Art: Die Perspektive macht das Kunstwerk
Street Art verwandelt Städte in urbane Kunstgalerien. Nicht immer sagt das Graffiti an der Wand einem zu, doch manche Werke sind umso faszinierender. Insbesondere 3D Street Art macht ganz neue Dimensionen auf – wortwörtlich. Es ist ein Spiel mit der Perspektive. Vom richtigen Standpunkt aus betrachtet, ergibt sich ein raumgreifendes Bild, das sich nahtlos in das reale Umfeld fügt. Wagt man einige Schritte näher heran, schrumpft die dreidimensionale Illusion auf ein zweidimensionales verzerrtes Bild. Anamorphose, so heißt dieses kunstvolle Phänomen, das ins Deutsche übersetzt so viel wie Umformung bedeutet. Ein kreativer Kopf, der anamorphotisch arbeitet, ist der russische Künstler Victor Splash. Der gelernte Architekt hat vor etwa fünf Jahren angefangen, sich 3D-Illusionen zu widmen. Neben Boden-Bilder schmückt er vor allem zahlreiche Wände mit 3D-Gemälden. Splash greift in seinen Werken oftmals auf geometrische Formen zurück und schafft so moderne Kompositionen, die sich dem urbanen Raum annehmen.
Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet.