Leben auf Floating Homes ist eine Alternative für nachhaltiges Wohnen. Warum Hausboote die Häuser der Zukunft sind.
An einem Sommermorgen direkt vom Balkon ins kühle Wasser springen – davon träumt Thomas Sykora. „In schwülen Nächten schlafe ich auf dem Dach im Freien und genieße das ganze Jahr über den weiten Blick über das Wasser“, erzählt er begeistert. Eigentlich lebt der niederländische Fotograf und Filmemacher in einem kleinen Zimmer in einer WG, ohne Blick aufs Wasser oder in die Natur. Doch das soll sich bald ändern. Denn Thomas nimmt an einem ganz besonderen Wohnprojekt teil: dem „Schoonschip“-Projekt. Ein neues Wohnkonzept, gegründet in seiner Heimatstadt Amsterdam. Die Idee: Ein schwimmendes Wohngebiet errichten, das im Johan-van-Hasselt-Kanal in Nord-Amsterdam liegt – ökologisch und sozial nachhaltig. Für Thomas und die anderen Teilnehmer:innen bedeutet genau dieses Konzept die Zukunft des Wohnens. „Wir müssen anders leben, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Ich sehe es als die größte Verantwortung unserer Zeit, Teil der Lösung zu sein“, erklärt der Fotograf im Gespräch mit „Schoonship“. Er sei entsetzt darüber, dass viele Menschen einfach weitermachen, wie bisher, obwohl es Informationen gebe, dass wir dringend unseren Lebensstil ändern müssen. „Das tut mir manchmal richtig weh. Obwohl ich selbst sicherlich kein Heiliger bin“, sagt Thomas. Eine Lösung für mehr Nachhaltigkeit im Leben könnten Hausboote wie die des Projekts sein.
Floating Homes – schwimmende Häuser der Zukunft
Seit 2020 leben 46 Haushalte auf 30 Hausbooten in dem neuen Amsterdamer Quartier. In wenigen Wochen möchte auch Thomas eins beziehen. Jedes Floating Home ist individuell. Die Bewohner:innen haben ihre Häuser teilweise mehr als zehn Jahre lang geplant und mithilfe eines Architekten gebaut. Daraus entstanden ist eine Wohnsiedlung, die mehr ist als eine Nachbarschaft auf dem Wasser. Die Bewohner:innen der Hausboote bilden eine nachhaltige Community, die perspektivisch gleich mehreren Familiengenerationen eine Unterkunft bieten soll. „Ich habe meine Mutter und ihren Freund Paul eingeladen und dann auch noch meinen Onkel Theo“, erzählt Thomas. Teils helfe dies bei der Finanzierbarkeit seines Hauses und teils verstehe er das unter Vorausdenken. „Wenn ich Kinder hätte, könnte sich meine Familie manchmal um sie kümmern. Und umgekehrt kann ich ihnen helfen, wenn es für sie schwierig wird“, erklärt er seine Vorstellung vom Familienleben der Zukunft. In der Siedlung gibt es außerdem ein klares Sozial-Konzept. Dazu gehören: ein gemeinsamer Wocheneinkauf beim Biobauern, um der Lebensmittelverschwendung in Haushalten entgegenzuwirken, ein Gemeinschaftsraum für Gemeinschaftsaktivitäten wie Yoga, geteilte Mobilität zum Beispiel von Elektroautos und schwimmende Gärten mit wasserreinigenden Pflanzen. Die Schwimmhäuser in dem Viertel werden mit Solarenergie versorgt, die Wärmepumpen in den Häusern entziehen dem Kanalwasser zusätzlich Wärme und bereiten die durch passive Solarwärme auf. Die Dächer der Schwimmhäuser sind mit Grünflächen bedeckt und die Boote sind aus nachhaltigen Materialien und Installationen gebaut. Eine Wohn-Art, die andere Menschen inspirieren soll.
„Seapods“ – Wohnkapseln auf dem Wasser
Denn die Schwimmhäuser sind nicht nur eine Idee, das urbane Leben auf Nachhaltigkeit umzukrempeln, sondern vor allem eine Möglichkeit, trotz des Klimawandels Wohnraum zu schaffen. Studien zeigen, dass insbesondere Länder am Meer wie die Niederlande in Zukunft von Hochwasser und Flut betroffen sein können. Aus diesem Grund werden immer mehr nachhaltige Alternativen auf dem Wasser entworfen, falls das Leben auf dem Festland durch den ansteigenden Meeresspiegel nicht mehr möglich ist.
Eine Idee, dem Klimawandel in der Karibik zu trotzen und Natur und Mensch in Einklang zu bringen sind „SeaPods“. Wohnkapseln, die über dem Wasser „schweben“, designt von dem niederländischen Architekten und Pionier der Schwimmhäuser Koen Olthuis. Ein Wohnprojekt, das noch im August 2023 in Linton Bay Marina in Colon, Panama, von dem Unternehmen Ocean Builders umgesetzt werden soll. Die Idee von „Ocean Builders“: Futuristische Wohneinheiten, also die „SeaPods“, etwa drei Meter über dem Meeresspiegel an der karibischen Küste Panamas errichten und so nachhaltige Unterkünfte für Urlauber und Wohnräume schaffen. Die „SeaPods“ sind für bis zu zwei Personen konzipiert, haben eine Fläche von rund 77 Quadratmetern und kosten pro Kapsel zwischen 295.000 und 1,5 Millionen Dollar. Die Kapseln verfügen über eine Küche, ein Badezimmer, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und einer Außenterrasse. Die bietet ein 360°-Panorama auf das Meer und dessen Lebewesen wie Delfine oder Fische. Bei der Ausstattung hat „Ocean Builders“ darauf geachtet, dass die „Seapods“ sich mit smarter Technologie steuern und versorgen lassen. Über einen smarten Ring können Bewohner:innen die Technik wie beispielsweise Rollläden und Türen bedienen, die Lebensmittel- und Medikamentenversorgung funktioniert über Drohnen und der Müll wird mit selbstfahrenden Booten abtransportiert.
Ist ein Leben auf dem Hausboot die Lösung gegen den Klimawandel?
Ein smarter Ansatz, doch können Floating Homes wirklich die Lösung gegen die Einflüsse des Klimawandels sein? Bereits 2015 zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ die niederländische Parole „Mit dem Wasser leben“ als Grundgedanken für eine Architektur, die sich an die Natur anpassen müsse. Umweltforscher vermuten seit Jahren, dass hohe Deiche oder künstliche Inseln auf Dauer dem veränderten Klima nicht standhalten. Deswegen setzte sich schon damals der niederländische Architekt Koen Olthuis für den Bau von Hausbooten als alternative Wohnmöglichkeit auf dem Wasser in den Niederlanden ein. Seine Vision: „Wir lassen das Wasser in eingedeichte Gebiete, die sogenannten Polder, zurück. Geflutete Polder führen nicht nur überschüssige Wassermassen ab – sie lassen sich auch als Siedlungsfläche nutzen. Und dafür brauchen wir eine Infrastruktur, die schwimmen kann – schwimmende Häuser, schwimmende Apartments, schwimmende Straßen. Das mag verrückt klingen, aber es ist ziemlich logisch“, erklärt er 2015 der „Süddeutschen Zeitung“. Die meisten Schwimmhäuser sind auf Pontons gebaut, Schwimmplattformen, die im Wasser festverankert sind. Im Gegensatz zu Schiffen können Pontons nicht fahren, sind dafür aber sehr stabil und transportfähig. Deswegen können auf ihnen Schwimmhäuser in individuellen Designs und Bedürfnissen umgesetzt werden. Die Floating Homes als Zukunftshäuser, bestehen in der Regel aus nachhaltigen und recycelten Materialien, verfügen über eine Versorgung aus erneuerbaren Energien, smarter Technologie und ausgeklügelten Abwassernetzen. Mit ihrer Architektur und Ausstattung können die Hausboote zwar nicht die kompletten Auswirkungen des Klimawandels stoppen, aber sie können dazu beitragen, dass der in Zukunft weniger schnell voranschreitet, die damit einhergehenden Bedingungen Natur- und Menschen kompatibel sind und sich der gesellschaftliche ökologische Fußabdruck vergrößert. Aus diesem Grund entwickeln immer mehr Städte auch in Deutschland, Lebensraummodelle auf dem Wasser.
Floating Homes in Deutschland
Tipp 1 – Schwimmhäuser in Berlin
Das Angebot auf dem Wohnungsmarkt der deutschen Hauptstadt wird immer teurer, viele Berliner:innen schauen sich deswegen nach Wohnalternativen um. Eine Möglichkeit, der dicht besiedelten Großstadt zu entkommen, sind Hausboote. Die können in Berlin zum Beispiel direkt auf der Havel oder Spree gekauft oder gemietet werden. Über „Hausbootportal“ lassen sich viele nachhaltige Angebote finden und vergleichen. Wer das Leben auf einem Hausboot erst einmal ausprobieren möchte, kann sich diese auch vorab für einen kurzen Urlaub buchen.
Tipp 2 – Hausboote an der Ostsee
Direkt an der Ostsee, in Boltenhagen, Flensburg und in Laboe können Floating Homes gekauft oder gemietet werden. Viele Schwimmhäuser dienen dort als Ersatz für Ferienhäuser und sind hochwertig ausgestattet. In Flensburg, Schleswig oder Barth bietet das Unternehmen „FjordLink“ beispielsweise ökologische Schwimmhäuser an. Diese bestehen aus recyceltem Kunststoff und leiten kein Abwasser in die Umwelt, sondern verwenden Auffangtanks.
Tipp 3 – Schwimmhäuser am Brombacher See in Bayern
Im „Floating Village“ am bayerischen Brombacher See können Urlauber:innen Eco-Villen als Ersatz für ein Ferienhaus mieten. Auf den Hausbooten gibt es Ökostrom, Mülltrennung und smarte Technologie wie einen digitalen Concierge Service per Tablet. Die Wasservillen sind an einen Schwimmsteg fixiert und haben eine Panoramadachterrasse.
Tipp 4 – Floating Homes am Viktoriakai-Ufer in Hamburg
Mitten in Hamburgs Innenstadt am Viktoriakai-Ufer, liegen sieben Schwimmhäuser des Unternehmens „Floating Homes“, die so effizient sind wie ein Energiesparhaus. Die Boote sind an einer privaten Steganlage fixiert, von innen loftartig designt und lassen sich in verschiedenen Grundrissen kaufen und gestalten. Große Panoramafenster bieten einen direkten Blick in die Hamburger Hafen City.
Kopenhagen, Paris, London – das pulsierende Leben in Städten lässt Jennis Herz höherschlagen. Seit vier Jahren ist sie als Online-Redakteurin im Lifestylebereich tätig und immer auf der Suche nach den neuesten Fashion-Trends, faszinierenden Designs und coolen Food-Spots. Deswegen schreibt sie leidenschaftlich gerne über Themen aus den Bereichen Fashion, Beauty, Design oder Food. Ihr morgendlicher Kaffee mit Hafermilch gehört zu ihren täglichen Ritualen, genauso wie ein Spaziergang an der Elbe in Hamburg.