Ein Parfüm aus Übriggebliebenem – kann das gut riechen? Welche Duftnoten sich dafür eignen und wie Upcycling schnurstracks die Welt der Düfte erobert.
„I Am Trash“ von Etat Libre d’Orange: So heißt das erst Luxusparfüm, das auf Upcycling setzt. Hier landeten zum einen ungewollte Äpfel aus der Lebensmittelindustrie sowie übriggebliebene Gariguette-Erdbeeren in der Rezeptur. Auf der anderen Seite wurden Rosenblätter und Sandelholzspäne, die bereits in anderen Parfüms verwendet wurden, zum zweiten Mal destilliert. Andere Hersteller nutzen Apfel- oder Kirschblüten mehrfach.
Spannend: Nicht immer werden wiederverwendbare Duftnoten dort gefunden, wo man sie vermutet. Die Marke Ellis Brooklyn verwendet etwa Jasmin, der nach indischen religiösen Zeremonien übriggeblieben ist. Im Parfum „A Drop d’Issey“ von Issey Miyake wird ebenso wie in „Forest Lungs“ von The Nue Co Zedernholzöl aus Zellstoff und Sägespänen destilliert. Beide Rohstoffe fallen in der Möbelindustrie an.
Was sind Upcycling Fragrances?
Upcycled Fragrances rebellieren gegen die traditionelle Parfümerie. Sie suchen bekannte Duftnoten dort, wo sie keiner vermutet. Übrig gebliebene Sägespäne erzeugen eine beeindruckende Zedernholznote. Äpfel, die es wegen Schönheitsmakeln nicht auf unsere Teller schaffen, geben eine fruchtige Note. Überschüssige Blüten aus der Floristik werden zu Rosennoten destilliert.
Upcycling – die Parfümindustrie erfindet sich neu
Zero Waste und Upcycling heißen die neuen Trends der Parfümindustrie. Sogar Düfte großer Hersteller werden mittlerweile in recyceltem Plastik bzw. Karton verpackt. Dass auch bei den Düften selbst auf wiederverwendete Rohstoffe gesetzt wird, war eine Frage der Zeit.
Düfte aus Abfall? Das klingt erst einmal abstoßend. Doch ein zweiter Blick offenbart: Beim Upcycling geht es darum, aus etwas Altem, Benutztem wieder etwas Neues herzustellen. In der Fashion-Industrie setzen Labels auf Jacken aus recycelten Plastikflaschen. Im Beauty-Bereich nutzen Hersteller schon länger Kaffeeabfälle um Körperpeelings herzustellen. Wieso sollte dieses einzigartige Wiederverwertungssystem also vor der Parfümwelt Halt machen?
Parfüm-Experten bezeichnen Upcycled Fragrances auch als „Slow Scents“. Denn es geht dabei nicht nur um die reine Wiederverwertung und Müllvermeidung – Slow Scents sind ein Lebensgefühl. Das Gefühl, achtsam mit der Natur umzugehen, ihre Duft-Essenzen schonend zu verarbeiten und mit Bedacht zu tragen.
Was die Zukunft bringt
Neben der besseren Klimabilanz sind viele Parfümeure inzwischen auch regelrecht Fans der wiederverwendeten Inhaltsstoffe. Denn: Sie sollen einen komplexeren Duft erzeugen als reine Parfümöle. Das nennt man olfaktorische Qualität und beeindruckt selbst alteingesessene Parfümfans weltweit. Immer mehr Hersteller setzen auf Upcycled Fragrances oder planen in Zukunft, solche einmaligen Dufterlebnisse zu kreieren.
Zudem soll Coty, ein Unternehmen, das für große Marken wie Gucci, Chloe und Calvin Klein Parfüms herstellt, an einer neuen Entwicklung feilen. Die Firma will bis 2023 Alkohol verwenden, der aus der Verschmutzung von Industrieanlagen gewonnen wird. Diese Verschmutzungen werden gesammelt und mithilfe von Bakterien in einem Bioreaktor in Alkohol umgewandelt. Da fast alle Parfüms auf Alkohol basieren, könnte diese Entwicklung ein weiterer Meilenstein hin zu umweltfreundlicheren Parfüms sein.
Die spannendsten Upcycled Fragrances
Wir haben in den Duft-Repertoires verschiedener Hersteller gestöbert und dir eine Liste mit den interessantesten Upcycled Fragrances zusammengestellt. Wir finden: Diese Düfte solltest du ausprobieren.
- „A Drop D’issey“ von Issey Miyake mit Vanilleextrakt, der aus erneuerbarem Kohlenstoff aus dem Plastikrecycling gewonnen wird und Zedernholz aus Sägespänen.
- „Angel Nova“ von Mugler mit upcycelten Rosenblättern.
- „Forest Lungs“ von The Nue Co aus upcyceltem Zedernholz.
- „I am Trash“ von Etat Libre D’Orange mit wiederverwerteten Äpfeln, Erdbeeren, Rosenblüten und Sandelholzspänen.
- „Incense Water“ von Sana Jardin mit überschüssigen Orangenblüten.
- „L’Eau d’Issey Eau & Magnolia“ von Issey Miyake aus Resten von Zypresse und Virginia-Zeder.
- „Salt“ von Ellis Brooklyn mit wiederverwendetem Jasmin und Zedernholzöl.
- „Tantrum“ von Boy Smells mit wiederverwendetem Zedernholz.
- „Very Good Girl Glam“ von Carolina Herrera mit wiederverwendetem Rosenwasser.
Als Master der Kommunikationswissenschaften ist Annalena fasziniert von den Geheimnissen der Psychologie und den Nuancen zwischenmenschlicher Beziehungen. Ihrer künstlerischen Ader kann sie auf der Theaterbühne Ausdruck verleihen. Im Einklang mit der Natur entdeckt sie ständig Neues. Darum schreibt sie am liebsten über Reisen, Gesundheit, Schönheit und nachhaltige Ernährung. Ihre Lebensphilosophie: Immer neugierig bleiben!