Bitterstoffe sind gesund. Wieso wir sie trotzdem erst einmal verschmähen, welche Wirkung sie haben und wie du sie in deine Ernährung integrieren kannst, erfährst du hier.
Es war ein kleines Fläschchen, mit dem Andres und Jans Reise in die Selbstständigkeit begann. Es kreiste vor einigen Jahren um den Familientisch ihrer heutigen Ehefrauen. Seit Jahrzehnten war es in deren Familie Tradition, sich nach dem Essen ein paar Tropfen der darin enthaltenen Flüssigkeit auf die Zunge zu träufeln. Gezwungenermaßen mussten auch Andre und Jan an der Tradition teilhaben. Ihre Reaktion: verzogene Gesichter, ein schweres Schlucken, der Griff zum Wasserglas. Aber nach dem ersten Ekel merkten beide, wie sich die Tropfen positiv auf ihr Wohlbefinden auswirkten. Das Vollegefühl nach dem Essen war weg und sie fühlten sich leichter. In dem Fläschchen befanden sich Bitterstoff-Tropfen. Von deren Wirkung waren die beiden so begeistert, dass sie 2018 ihr Start-Up BitterLiebe gründeten. Heute bieten sie neben Tropfen auch Pulver und Tee mit Bitterstoffen an.
Was sind Bitterstoffe?
Bitterstoffe sind nichts anderes als Pflanzenstoffe mit bitterem Geschmack. Sie werden von Pflanzen produziert, um Fressfeinde abzuwehren. Denn obwohl bitter neben süß, salzig, sauer und umami zu den fünf Geschmacksrichtungen gehört, verziehen sowohl Tiere als auch wir Menschen das Gesicht, wenn wir damit in Berührung kommen. Bitteres schmeckt uns oft nicht, denn mit bitter bringen wir giftig in Verbindung, auch wenn das bei den meisten Lebensmitteln nicht stimmt. Selbst in kleinen Dosen wird bitter vom Gehirn als schlecht empfunden. Da die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge besonders stark auf Bitteres reagieren, nehmen wir den Geschmack noch intensiver wahr. Doch wer öfter Bitteres isst, wird sich auch an den Geschmack gewöhnen.
Für was sind Bitterstoffe gut?
Das ist auch gut so, denn Bitterstoffe sind gesund und halten eine Menge Vorteile für den Körper bereit. Bitterstoffe wirken durchblutungsanregend und herzstärkend, zudem wirken sie sich positiv auf die Verdauung aus, denn sie fördern den Speichelfluss, verbessern die Produktion von Magensaft und regen die Darmaktivität an. Von einer guten Verdauung profitieren auch die Abwehrkräfte. Sowieso regen Bitterstoffe das Immunsystem an. Denn der Körper nimmt den bitteren Geschmack als giftig wahr, somit setzt beim Verzehr ein Abwehrmechanismus ein. Dadurch laufen diese Funktionen im Körper schneller ab und das Immunsystem wird gestärkt. Außerdem regulieren Bitterstoffe den Appetit und beugen Heißhungerattacken vor. Denn Bitterstoffe regen die Freisetzung des Hormons Cholecystokinin im Magen-Darm-Trakt an, das den Appetit hemmt. Zudem können Bitterstoffe zur Entgiftung des Körpers beitragen, weil sie die Leber und den Gallenfluss stimulieren.
Wo sind viele Bitterstoffe enthalten?
Bitterstoffe sind in einer ganzen Reihe von Lebensmitteln enthalten und lassen sich dadurch ganz leicht in die Ernährung integrieren. Einige Lebensmittel punkten mit einem besonders hohen Anteil der bitteren Stoffe. Wie zum Beispiel Chicorée. In dem Gemüse steckt der Bitterstoff Intubyn. Chicorée schmeckt gebraten oder überbacken als Auflauf besonders gut. Auch Artischocken, Endiviensalat, Radicchio und Rucola sind reich an den bitteren Stoffen, genauso wie Zuckerhut, Fenchel, Sellerie, Radieschen, Brokkoli, Mangold oder Kohlgemüse wie Rosenkohl und Federkohl. Unter den Früchten weisen Grapefruit und Pomelo einen hohen Anteil an natürlichen Bitterstoffen auf. Ebenso Zitronen, Limetten und Kumquats.
Vor allem wilde Kräuter strotzen nur so vor Bitterstoffen. Darunter Löwenzahn, Enzian, Fieberklee oder die Wegwarte. Aber auch Kräuter und Gewürze wie Salbei, Minze, Thymian, Oregano, Ingwer, Rosmarin, Liebstöckel, Dill, Korianer, Pfferminzem, Kurkuma, Bohnenkraut oder Schnittlauch enthalten die bitteren Pflanzenstoffe. Am besten nimmst du die Kräuter in Form eines Tees zu dir. Damit die Bitterstoffe erhalten bleiben, gieße die Kräuter nur mit heißem Wasser auf und lasse den Tee nicht länge als zehn Minuten ziehen.
Bitterstoffe können als Ergänzung zur Ernährung auch in flüssiger Form als Tropfen, als Pulver oder als Kapseln eingenommen werden. In flüssiger Form sind die Bitterstoffe meist in Alkohol gelöst, aber es gibt auch flüssige Bitterstoff-Produkte ohne Alkohol. Wenn dir die Tropfen zu bitter sind, kannst du zu Kapseln oder Pulver greifen. Das Pulver kannst du entweder direkt in den Mund nehmen oder in Smoothies und Müslis einbauen.
Wann sollte man Bitterstoffe einnehmen?
Damit die Bitterstoff-Produkte ihre Wirkung auf die Verdauung und den Körper optimal entfalten, sollten sie rund zehn bis 30 Minuten vor dem Essen eingenommen werden. Orientiere dich bei der Dosierung an den Angaben des jeweiligen Produkts. Denn je nach der enthaltenen Pflanzen variiert die Dosis. Aber auch wenn du dich nach dem Essen voll und schwer fühlst, kannst du zu den Bitterstoff-Produkten greifen, denn sie wirken beruhigend auf den Magen und anregend für die Verdauung.
So stellst du deine eigenen Bitterstoff-Tropfen her
Tinkturen und Tropfen mit bitteren Pflanzenstoffen kannst du auch selbst zuhause herstellen. Mit diesen Rezepten geht das ganz einfach.
1. Schwedenbitter
Schwedenbitter ist auch unter dem Namen Schwedenkräuter bekannt. Dabei handelt es sich um ein uraltes Hausmittel, das im 17. Jahrhundert von dem Arzt und Chemiker Urban Hjärne in Schweden entwickelt wurde. Schwedenbitter geriet in Vergessenheit, bis die Kräuterkundlerin Maria Treben das Rezept in den 1980er Jahren wieder entdeckte. Maria Treben erkrankte selbst an Bauchtyphus und konnte ihre Beschwerden mithilfe des Schwedenbitters lindern. Je nach Anzahl der verwendeten Kräuter spricht man vom großen oder kleinen Schwedenbitter beziehungsweise Schwedenkräuter.
Der kleine Schwedenbitter besteht aus elf Kräutern. Um Schwedenkräuter selbst herzustellen, brauchst du:
- Fülle 1,5 Liter hochprozentigen Alkohol (z.B. Doppelkorn) in eine Flasche mit einer großen Öffnung.
- Darin legst du 5 g Myrrhe, 10 g Angelikawurzel, 10 g Zitwerwurzel, 10 g Theriak venezian, 10 g Manna, 0,2 g Safran, 5 g Eberwurzel, 10 g Naturkampfer, 10 g Rhabarberwurzel, 10 g Sennesblätter und 10 g Aloe ein. Die Kräuter kannst du online bestellen oder in der Apotheke kaufen.
- Lasse das Alkohol-Kräuter-Gemisch für rund zwei Wochen an einem warmen Ort ziehen und schüttle es zwischendurch immer wieder auf.
- Dann siebst du die Kräuter mit einem Kaffeefilter ab, zurück bleibt der gesunde Schwedenbitter.
Schwedenkräuter nimmst du verdünnt mit Wasser ein. Ein Umschlag mit Schwedenkräuter ist aber auch gesund für die Haut und hilft bei Verspannungen und Kopfschmerzen.
2. Bitterstoff-Tinktur – Bittere Kräuter und Alkohol
Auch hier bilden Alkohol und Kräuter unsere Basis. Um 500 ml dieser Bitterstoff-Tinktur herzustellen, brauchst du 700 ml Wodka. Du kannst die Rezeptur natürlich auch in kleinerer Menge herstellen.
- Fülle 0,7 Liter hochprozentigen Alkohol (z.B. Wodka) in eine Flasche mit einer großen Öffnung.
- Darin legst du 4 EL Angelikawurzel, 4 EL Enzianwurzel, 4 EL Löwenzahnwurzel, die Schale einer Zitrone und die Schale einer Grapefruit ein.
- Das ganze lässt du für zwei bis vier Wochen ziehen, schüttle das Gemisch zwischendurch.
- Danach siebst du die Kräuter und die Früchteschalen ab – fertig ist deine gesunde Tinktur.
3. Apfelessig und Kräuter
Wer für seine Bitterstoffe nicht unbedingt Alkohol als Basis haben möchte, kann auch Apfelessig nehmen.
- Für dieses Rezept mischst du 400 ml Apfelessig mit 50 g getrockneter Bitterkräuter deiner Wahl.
- Du kochst du den Apfelessig in einem Topf kurz auf und lässt ihn anschließend abkühlen.
- Zerkleinere dann die Bitterkräuter und fülle sie mitsamt des Apfelessigs in ein Schraubglas.
- Lasse das Gemisch für zwei Wochen an einem dunklen Ort bei Zimmertemperatur ziehen.
- Siebe dann die Blüten und Blätter der Pflanzen ab, nach weiteren zwei Wochen die Wurzeln.
- Zurück bleibt deine eigene Bitterstoffe-Tinktur. Du kannst sie vermischt mit Wasser zu dir nehmen, dunkel gelagert ist das Gemisch rund ein Jahr haltbar.
Katrin hat in Berlin Publizistik studiert und schreibt seit drei Jahren als Redakteurin im Lifestyle-Bereich. Wenn sie nicht gerade die weite Welt bereist, übt Katrin Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder ist auf der Suche nach den neuesten Innovationen und Health-Trends. Deshalb schreibt sie bei kronendach für die Rubriken Travel, Mindfulness und Zeitgeist. Nach Feierabend findet man sie meistens mit einer Matcha Latte in der Hand durch die Straßen Hamburgs spazieren.